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Dieses Land braucht einen Politiker als Bundespräsidenten

| 22. Dezember 2015 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 119

Hillary Clinton hat es so gemacht – oder war es vielleicht eine andere internationale Lichtgestalt, ich google das jetzt nicht nach – und jetzt jedenfalls auch Irmgard Griss. Sie hat dieser Tage via Youtubevideo ihre Kandidatur bekanntgegeben. Ihre Kandidatur bei der Wahl des nächsten österreichischen Bundespräsidenten. In diesem Filmchen hat sie eine durchaus gute Figur abgegeben, charmant, eloquent und dabei nicht allzu phrasenhaft und insgesamt durchaus sympathisch wie kompetent. Ich werde sie wohl nicht wählen.

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Der Claus Pandi hat es etwa, wenige Tage vor dieser internetten Botschaft, in der Kronen Zeitung recht treffend formuliert: Sie wäre gerade auf einer »Wer will mich«-Tour durch Österreichs Parteienlandschaft unterwegs, um politische Unterstützer für sich zu gewinnen. Pandis Analyse, Griss sei dabei auf dem Weg von der »parteiunabhängigen« hin zur »politikfernen« Kandidatin, ist zwar wenig schmeichelnd, aber dafür umso komischer. Ich wünsche mir jedenfalls einen politiknahen Kandidaten, gerne soll das eine Frau sein, und ich werde wohl als christlich-konservativer Parteigänger mich genötigt sehen, auch einen Kandidaten einer anderen Partei in Erwägung zu ziehen. Um eine mögliche Kandidatur Erwin Prölls ist es ja in den letzten Monaten wieder recht ruhig geworden. Und eine andere Personalreserve seitens der ÖVP für dieses Amt ist nicht in Sicht.

Der Sozialdemokrat Rudolf Hundstorfer wäre für mich so eine mögliche Wahl. Das ist ein politischer Mensch, hat, wie mir berichtet wird, Handschlagqualität und ist mir schlicht und einfach ausnehmend sympathisch. Leider ein Roter, aber ich habe ja auch Heinz Fischer gewählt, was soll mir noch passieren.

Der andere mögliche Kandidat, dem ich meine Stimme geben kann, wäre Alexander van der Bellen. Wiewohl seine große Hypothek, einst Parteiobmann der immer mehr ins Nahfaschistiode abgleitenden antikapitalistischen Bewegung »Die Grünen« gewesen zu sein, natürlich eine wahre Bürde ist. Noch dazu hat er in einem der ersten Interviews zur Thematik Bundespräsident davon gesprochen, einen Heinz Christian Strache nicht als Kanzler anzugeloben. Er hat mittlerweile aber so viel Sachverstand bewiesen, als Bundespräsident das Land nicht in eine dann schwere Regierungskrise zu stürzen und diese Aussage revidiert. Das muss man ihm zugute halten, bei aller noch so dummen Nachfragerei vor allem in Standard-Interviews. Dazu muss ich Ihnen jetzt etwa das Demokratieverständnis eines Michael Völker vom Standard ausleuchten, der am 17. Dezember in einem Gespräch mit Irmgard Griss gefragt hat: »Damit es kein Missverständnis gibt: Sie meinen, dass sich die Politik auch nach der Meinung der Bevölkerung richten muss?« Offensichtlich kann sich das ein Mitarbeiter dieser Zeitung gar nicht einmal vorstellen, dass sich »Politik auch nach der Meinung der Bevölkerung richten muss« und muss da nachfragen zwecks Missverständnisvermeidung. Das spricht für sich.

Zurück zu Alexander van der Bellen, das ist ein großartiger Politiker, ein »Homo Politicus« im besten Wortsinne und (!) noch dazu einer, der nicht sein ganzes Leben in der Politik tätig war, sondern auch Jahre in einem anderen Beruf gearbeitet hat. Leider war er dann bei den Grünen tätig. Aber ganz so schlimm, wie ich das Grüne gerne darstelle, ist es ja dann auch wieder nicht. Integer ist van der Bellen sowieso (gilt für alle hier Genannten) und ich glaube, dass er nicht alleine aus Machtinteressen (das muss nicht immer nur was Schlimmes sein) heraus ein solches Amt anstreben würde. Und Alexander van der Bellen ist kein Gutmensch!

Dazu muss ich noch erklären, ich verwende diesen oft als »Beleidigung« empfundenen Begriff selten bis gar nicht. Zum Einen, weil ich nicht gerne beleidige, zum Anderen, weil der Begriff quasi allenortens falsch verstanden wird. Der »Gutmensch« bezeichnet keinen »guten Menschen«, ganz im Gegentum meint »Gutmensch« jemanden, der glaubt, ganz alleine und ganz genau zu wissen, was gut ist und was böse. Und es gibt dabei keine seinen (meist eher flachen) Horizont übersteigende Instanz, die diese Entscheidung zwischen Gut und Böse verändern könnte. Alles, was der »Gutmensch« als böse einstuft, alles was von einem solchen Bösen kommt, ist böse. Denken wir daran, dass »gut gemeint« nur allzuoft genau das Gegenteil von »gut« darstellt. Das ist ein »Gutmensch«. Van der Bellen eben nicht. Er könnte, er würde für dieses Land ein guter Präsident sein. Ein gesegnetes Weihnachtsfest und viel Glück fürs neue Jahr, machen Sie es gut!

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Informationen im Internet unter helfenwiewir.at

 

Editorial, Fazit 119 (Jänner 2016, 10/2015)

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