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Politicks April 2017

| 30. März 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 131, Politicks

Graz:  Günter Riegler wird Finanzstadtrat
Noch vor der schwarzblauen Einigung für Graz präsentierte Bürgermeister Siegfried Nagl den neuen Finanzstadtrat. Auf Gerhard Rüsch, der das Finanzressort seit 2001 führte, wird der 51-jährige Betriebswirt Günter Riegler folgen. Riegler war zuletzt Geschäftsführer der FH Joanneum und Aufsichtsratsvorsitzender der Steirischen Landesspitäler. Nach seiner Wahl durch den Grazer Gemeinderat, Anfang April, wird er diese Tätigkeiten beenden.
Als geprüfter Steuerberater und ehemaliger Direktor des Grazer Stadtrechnungshofs war Riegler federführend verantwortlich für die Modernisierung des Grazer Finanzwesens. Zu den wichtigsten Grundsätzen der Grazer Budgetpolitik zählt für ihn der Erhalt der finanziellen Leistungsfähigkeit als Maßstab für die Schuldentragfähigkeit.

Nagl, der ursprünglich die Finanzen selbst übernehmen wollte, sieht dieses Schlüsselressort bei Riegler in den besten Händen. Die Einigung über die weitere Ressortaufteilung mit der FPÖ steht, so Nagl,  ebenfalls vor dem Abschluss. Neben Siegfried Nagl, Kurt Hohensinner und Günter Riegler für die ÖVP werden dem Stadtsenat auch Mario Eustachio (FPÖ), Elke Kahr (KPÖ), Robert Krotzer (KPÖ) und  Tina Wirnsberger (Grüne) angehören. Die SPÖ hat bei der Gemeinderatswahl am 5. Februar einen Stadtratssitz knapp verpasst.

Wahldebatte: Der Standort bestimmt den Standpunkt
Keiner, der die österreichische Innenpolitik kennt, wird sich darüber wundern, dass mit Wilfried Haslauer ausgerechnet ein Landeshauptmann die Frage aufwirft, ob ein Nationalratswahlkampf mit dem gleichzeitigen EU-Vorsitz im Herbst 2018 unter einen Hut passt. Natürlich ist Haslauers Einwand angesichts des desolaten Eindrucks, den unsere Bundesregierung in den letzten dreieinhalb Jahren hinterlassen hat, legitim. Dennoch gilt bei Wahlvorverlegungen ein ungeschriebenes Gesetz, das von den Wählern so gut wie immer befolgt wird: Wer früher als notwendig Wahlen vom Zaun bricht, wird mit einer Niederlage bestraft.

Doch wie für die meisten anderen Landesfürsten zählen auch für Haslauer zuerst die eigenen Landtagswahlen. Und die stehen im Frühjahr 2018 an. Haslauers tatsächliche Motivation dürfte daher die Sorge sein, dass die Salzburger Landtagswahl mit dem Nationalratswahlkampf zusammenfällt.

Da wäre es für ihn natürlich wesentlich angenehmer, wenn Österreich zu diesem Zeitpunkt eine stabile Regierung hätte – womöglich sogar unter einem Bundeskanzler Sebastian Kurz, der seiner eigenen Wahlbewegung den erforderlichen Schwung verleihen könnte, um nach den Verlusten von 2013 wieder mehr als 30 Prozent Zustimmung zustande zu bringen.  
Dezidiert gegen eine Wahlvorverlegung hat sich zuletzt der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl ausgesprochen. Aber das Burgenland wählt ja wie Wien und die Steiermark erst im Jahr 2020. Wie inzwischen in der SPÖ üblich, ritt Niessl gleichzeitig mit seiner Kritik an Haslauer eine Attacke auf Außenminister Sebastian Kurz. Der hatte sich zuletzt ja für eine fünfjährige Anwartschaft auf österreichische Sozialleistungen für Migranten ausgesprochen und daher eine EU-Sozialunion abgelehnt.

Da im nächsten Jahr nicht nur in Salzburg Landtagswahlen ins Haus stehen, sondern auch in Niederösterreich, Tirol und Kärnten, wird es noch zahlreiche Versuche von roten und schwarzen Landespolitikern geben, mithilfe des Nationalratswahltermins die eigenen Wahlchancen zu verbessern. Denn in der Politik bestimmt nun einmal der Standort den Standpunkt.  

Der Wirtschaftsbund reibt sich an Schickhofer wegen der Registrierkassen
In Zeiten der steirischen SPÖ-ÖVP-Koalition – offiziell heißt sie ja  »Koalition-Zukunft-Steiermark« – ist jedes öffentlich formulierte Unbehagen am Regierungspartner zu einer echten Rarität geworden. Das Konzept, dass man über alles streiten kann, solange nichts an die Öffentlichkeit dringt, wurde bisher sowohl von der SPÖ als auch von der ÖVP weitgehend befolgt. Und so beschränkt sich die öffentliche Kritik der steirischen ÖVP an der  SPÖ  in aller Regel auf »Verfehlungen« der Bundes-SPÖ. Die steirische SPÖ reibt sich im Gegenzug auch nicht öffentlich an der Landes-ÖVP, sondern ausschließlich an der Bundes-ÖVP – vorzugsweise an Sebastian Kurz oder an Reinhold Lopatka. Nun wurde dieses Prinzip vom steirischen ÖVP-Wirtschaftsbund durchbrochen; und zwar nachdem Landeshauptmannstellvertreter Michael Schickhofer im bundesweit ausgestrahlten »Ö1-Morgenjournal« in seiner Funktion als Koordinator des SPÖ-Reformprozesses kürzlich seinen Unmut über die, wie er sagte, von ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling eingeführte Registrierkassenpflicht äußerte. Diese trage dazu bei, dass kleine Unternehmen kaum mehr in der Lage seien, mit der ihnen auferlegten Bürokratie fertigzuwerden. Obwohl Schickhofer in der gleichen Sendung sagte, dass  Klubobmann Lopatka, Innenminister Wolfgang Sobotka und Außenminister Sebastian Kurz versuchen würden, die FPÖ rechts zu überholen, stieß man sich im Wirtschaftsbund vor allem daran, dass er die ÖVP für die Registrierkassenpflicht verantwortlich machte. Wirtschaftsbunddirektor Kurt Egger reagierte mit dem öffentlichen Vorwurf, dass es die Registrierkassen nur gäbe, weil sie von der SPÖ als Bedingung für die Steuerreform massiv gefordert worden seien. Schickhofer solle sich daher nicht so unverfroren als Retter der Kleinunternehmen hinstellen, sondern lieber dafür sorgen, dass die SPÖ nicht länger alles blockiert, was die Betriebe bürokratisch entlasten könnte. So bremse die SPÖ bei der Vereinfachung von Betriebsanlagegenehmigungen. Schickhofer solle, so Egger, lieber an der Flexibilisierung der Arbeitszeiten oder an der Senkung der Körperschaftssteuer mitwirken.

Neos: Steirischer Abgeordneter stolpert nun doch über Facebook-Posting
Der Neos-Abgeordnete Christoph Vavrik wird Ende März aus dem Nationalrat ausscheiden. Vavrik ist in die Kritik der eigenen Partei geraten, weil er im November 2016 einen Facebook-Eintrag zur Homosexuellen-Adoption verlinkte und dazu kommentierte, dass »künftige Zivilisationen auf solche gesellschaftlichen Abartigkeiten mit demselben Unverständnis blicken würden wie wir auf die Sklaverei«. Trotz späterer Entschuldigung  muss Vavrik nun sein Mandat abtreten. Ihm nachfolgen wird die 60-jährige Daniela Schwarz. Die Steirerin war Büroleiterin von ÖVP-Vizekanzler Erhard Busek und ist mit der schwarzblauen Schüsselregierung im Jahr 2000 aus der ÖVP ausgetreten. [Anmerkung: Wie am 30.3.2017 bekannt wurde, wird Vavrik sein Mandat nicht aufgeben. Er wechselt in den ÖVP-Parlamentsklub.]
 
Verkehrslandesrat Anton Lang warnt vor Schellings Plänen zur ÖBB-Zerschlagung
Die Pläne von Finanzminister Hans Jörg Schelling sorgen für Aufregung bei der Gewerkschaft und der SPÖ.  Schelling will ja die ÖBB-Schieneninfrastruktur gemeinsam mit der Asfinag und der »Austria Power Grid« in einer Infrastrukturholding bündeln. Er argumentiert, dass die ÖBB-Infrastruktur vollständig vom Steuerzahler bezahlt worden sei. Außerdem werde die ÖBB jährlich mit insgesamt acht Milliarden Euro vom Steuerzahler finanziert. Die Durchleitungsgebühren, die eingehoben werden, wenn etwa andere Betreiber als die ÖBB das Schienennetz nutzen, gingen jedoch, wie auch die Mieteinnahmen in den Bahnhofsshoppingcentern, nicht an den Steuerzahler zurück, sondern an die ÖBB. Während das ÖBB-Infrastrukturmanagement die Chancen, die seine Pläne eröffnen, durchaus erkennen würden, seien sie für die Gewerkschaft offenbar eine Art Kriegserklärung, weil es ihr um politischen Einfluss auf die ÖBB gehe.

Völlig anders sieht das der steirische Verkehrslandesrat Anton Lang (SPÖ). Für ihn ist die Ausgliederung der ÖBB-Infrastruktur aus dem ÖBB-Unternehmensverbund der völlig falsche Weg, weil sie die Versorgungssicherheit der Bevölkerung gefährden würde. Ein Filettieren der ÖBB würde dem Unternehmen und auch dem Wirtschaftsstandort Österreich massiv schaden, so Lang.  Sowohl die Millionen Fahrgäste, die täglich die ÖBB nutzen, als auch die heimische Wirtschaft, die auf die Transportleistungen angewiesen sei, würden dabei auf der Strecke bleiben. Das Verkehrsressort des Landes Steiermark arbeite etwa beim Projekt »S-Bahn Steiermark« professionell mit den Österreichischen Bundesbahnen zusammen. Bei einer Zerschlagung der bewährten Strukturen und möglicher weiterer »Privatisierungen durch die Hintertür« wäre für Lang auch die Zukunft von für die steirische Bevölkerung unverzichtbaren Bahnstrecken gefährdet.

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Politicks, Fazit 131 (April 2017)

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