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Zur Lage (87)

| 22. Dezember 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 139, Zur Lage

Ausschließlich über eine Auszeichnung eines Wiener Magazins an einen Expolitiker und Arzt, wenig über die Hintergründe dieser Auszeichnung, ein kurzer Gedanke an Heinz-Christian Strache und ein Satz über das Rauchen.

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Marcus Franz bekommt Platinpenis. Was soll ich nach dieser Schlagzeile der österreichischen Tageszeitung »Österreich« noch schreiben, was das toppen könnte? Im Grunde brauch’ ich Ihnen nur mehr schöne Weihnachtsgrüße entbieten und kann den Text an die Druckerei schicken. Marcus Franz bekommt Platinpenis. Ich krieg’ mich gar nicht ein, kann kaum Tippen vor lauter Unterhaltung. Platinpenis. Das muss man sich einmal vorstellen! Aber der Reihe nach.

Eine wohl dolle feministische Aktivistinnengruppe, wobei es sind sicher auch ein paar Weicheier, pardon, männliche Mitglieder bei dieser feministischen Aktivistinnengruppe dabei, ich recherchier das nicht nach, wo kämen wir denn hin, dass ich jeden Irrsinn dieser Zeit auch noch recherchiere!, hat diese große Auszeichnung also an Marcus Franz, umtriebigen Arzt und Expolitiker zahlreicher Parteien dieses und wahrscheinlich auch anderer Länder, verliehen. Als Auszeichnung für »sein sexistisches Lebenswerk«. Platinpenis eben. (Ich werde mit dieser Lage den Weltrekord in der Disziplin »Wortwiederholung in Kommentaren« zumindest einstellen! Platinpenis, Alter!)

Und schon im nächsten Absatz, Platinpenis, fröhne ich meiner zweitliebsten Beschäftigung, der Inkonsequenz. Es handelt sich nämlich nicht um eine dolle feministische Aktivistinnengruppe, es handelt sich um die Redaktion der noch dolleren Zeitschrift »Wienerin«, die unter Ausschluss einer wesentlichen Öffentlichkeit wahrscheinlich in der Hauptstadt (Wienerin.) und wahrscheinlich monatlich (ist oft so bei Magazinen.) erscheint. An und für sich vergibt diese Redaktion seit 500 Jahren den »Goldenen Penis« (na!); für den Arzt und Connaisseur Franz hat sie sich aber was Besonderes einfallen lassen und eben für sein Lebenswerk den »Platinpenis« gestiftet. Übrigens denke ich mir, die sind dort auch so inkonsequent wie ich, und nennen diesen Preis nur Platinpenis. Eine Skulptur aus echtem Platin kann sich spätestens seit dem Ausscheiden der Partei aus dem Parlament, die für solche wichtigen Initiativen immer gerne das Geld anderer Leute zur Verfügung gestellt hat, wohl keiner mehr leisten. Egal, Platinpenis.

Ein bisschen muss ich ja davon ausgehen, dass die Redaktion der Wienerin mit diesem Preis nicht nur Lob und Anerkennung aussprechen wollte, sondern – zwischen den Zeilen, subtil, wie wir sagen – auch ein klein wenig an Kritik mitausdrücken wollte. Frauenversteher Marcus Franz soll vor allem via Internetdienst »Twitter« immer wieder recht offen und deutlich gegen das Konzept des heutigen Feminismus, sozusagen gegen das »feministische Narrativ« (ich wollte einmal ironiefrei den Begriff Narrativ verwenden; das konnte mir nicht gelingen) angeschrieben haben. Und sich so diese Auszeichnung (Platinpenis!) verdient haben.
Mir als einfaches Gemüt erscheint das jetzt ein bisschen in die Hose gegangen zu sein; nicht nur ob des platinierten Körperteils, das ja ebendort in der Regel zu verorten ist. Nein, ich muss nämlich zugeben, also so einen Platinpenis – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, Platinpenis!, ich beruhige mich schon –, so einen Platinpenis, sind wir uns ganz ehrlich, wer hätte den nicht gerne?

Und – ich darf jetzt alle beiden noch im Text verbliebenen Leserinnen bitten, gleich zum letzten Absatz zu springen – wenn wir uns zudem ganz ehrlich sind, wir drei Chauvis, ich und die zwei anderen, die da noch lesen, ich kann mir vorstellen, also ganz hinten in meinem schlimmen und gegen alle Bemühungen noch immer männlichen Hirn, da könnte es die eine oder andere weibliche Person geben, die jetzt auch nicht nur Negatives mit der Vorstellung eines Platinpenis verbindet. Nicht nur natürlich nur. Aber das liegt sicher nur an mir, weil ich ja immer einschlafe bei den Genderseminaren und meistens jede Art von humanistischen Weiterbildungsmöglichkeiten nicht wahrnehme.

Gut, ich denke, das haben wir jetzt durch, vielleicht einmal noch, Marcus Franz bekommt Platinpenis. (Jetzt gefällt’s mir schon wieder.)

Ich werde nun jedenfalls auf den Balkon gehen und meine allabendliche HC-Strache-Gedächtnis-Zigarette rauchen, dieser Mut und diese Entschlossenheit auch für unpopuläre Maßnahmen gehört belohnt. Die geplanten Verschärfungen im Kampf gegen das Rauchen wieder von der Tagesordnung zu nehmen, dieses Vorhaben der sich abzeichnenden bzw. wenn Sie das lesen vielleicht schon angelobten Regierung, hat ja die politische Berichterstattung der letzten Tage dominiert, lässt natürlich auch nicht nur Gutes hoffen. Vielleicht ist das aber auch nur eine freiheitliche Masche, uns allen weiszumachen, schaut her, wir sind so einfältig, von uns kann gar keine Gefahr ausgehen. Dazu passen würde zumindest ein Inserat der »Freiheitlichen Arbeitnehmer«, die nach den Turbulenzen um den Zwölfstundentag – dieses neoliberale Gespenst, das zwar im Plan-A des SPÖ-Chefs Christian Kern auch als Vorhaben enthalten, dort aber ganz anders gemeint war –, eine wahrlich frohe Botschaft an alle österreichischen Arbeitnehmer richteten: »Niemand muss künftig mehr arbeiten!« Wenn die noch »Platinpenis« dazugeschrieben hätten, das wäre die wohl geistreichste Meldung einer politischen Partei aller Zeiten geworden. Dem kann man eigentlich nur entgegenhalten: »Niemand muss künftig mehr denken!« Ein Motto, das europäische Innenpoltik aber schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten gut beschreiben würde. Marcus Franz bekommt Platinpenis, dabei hätte ich es belassen sollen.

In diesem Sinne darf ich Ihnen und Ihrer Familie ein frohes Weihnachtsfest und viel Glück im Neuen Jahr wünschen. Bleiben Sie mir gewogen.

Zur Lage #87, Fazit 139 (Jänner 2018)

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