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Außenansicht (1)

| 25. Februar 2019 | Keine Kommentare
Kategorie: Außenansicht, Fazit 150

Chancengleichheit für Politiker! Lassen wir sie als Kunstkritriker arbeiten.

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Sie werden gerne zu Veranstaltungen eingeladen, um dort vorzutragen, oder zu TV-Interviews, um befragt zu werden, zu Talkshows, um mit anderen zu diskutieren. Man holt sie, weil sie bekannt sind, nicht wegen ihrer politischen Leistung, sondern damit sie über ein bestimmtes Thema sprechen, an einem Gedenktag auftreten, um zu erinnern, zu ermahnen, zu drohen oder anlässlich eines Festaktes zu Ehren eines Ereignisses oder einer wichtigen Persönlichkeit anwesend zu sein.

Die Veranstalter gehen davon aus, dass Künstler, die schreiben, malen oder musizieren, auch etwas zu sagen haben. Besonders gerne lädt man Schriftsteller ein, da man der Überzeugung ist, dass Schreibende, die imstande sind, Texte zu schreiben, auch sinnvolle Texte vorlesen könnten.
Künstler sind begeistert über diese Möglichkeit, sich zu präsentieren, denn sie leben davon, eine Bühne und ein Publikum zu haben, das zwar ihre Kunst wahrscheinlich nicht versteht, aber sie als Künstler dennoch verehrt. Und deshalb nehmen sie auch mit Ergriffenheit jede Einladung an, vor allem die Schriftsteller unter ihnen, denn es unterbricht ihren einsamen Alltag vor der Tastatur und bringt sie unter Menschen, die ihnen zuhören.

Seit der neuen Regierung in Österreich kommt noch eine andere Dimension dieser speziellen Unterhaltungsindustrie dazu, das politische Element der Show. Egal um welches Thema es sich handelt bei der Veranstaltung, ob es ein Jahrestag, eine Erinnerung an eine Katastrophe oder ein Festakt ist, um jemanden zu ehren, die Schreibenden unter den eingeladenen Künstlern, manchmal auch die Musizierenden, haben erkannt, dass ihnen immer dann eine entsprechende Aufmerksamkeit garantiert ist, wenn sie möglichst kreativ und mit blumiger Sprache die derzeitige Regierung kritisieren.
Der Erfolg ist garantiert. Die Medien bringen nicht nur die Kritik der Künstler, sondern auf den Bericht folgen neue Interviews, Porträts, Einladungen, und falls man als Künstler vielleicht mit seinen Werken nicht mehr ganz so bekannt ist, wird es auch den Verkauf der Kunstwerke fördern.

Die Sache hat nur einen Haken, sie ist etwas einseitig und gibt den Kunstschaffenden mit zusätzlich sogenannten offenen Briefen, gemeinsamen Protesten, Auftritten in TV und bei Veranstaltungen einen besonderen Vorteil, sich außerhalb ihres Spielplatzes – der Kunst – auf fremden Gebieten wichtig zu machen.

Deshalb sollte man den Politikern die gleichen Möglichkeiten geben, um das Ungleichgewicht etwas auszugleichen. Warum nicht Literaturkritik durch Politiker, eine kritische Besprechung einer Ausstellung oder eines Konzerts durch einen Minister und die Besetzung der Jury für den Bachmann-Preis durch Mitglieder des Parlaments. Eine TV-Runde über Neuerscheinungen am Buchmarkt mit Kurz, Strache, Kickl und Kneissl. Eine Analyse der Neuinszenierungen am Burgtheater durch eine Runde der Landeshauptleute und die Meinungen des Bundesrates zu den neuen Produktionen in der Oper.

Was Künstler über Politik und was Politiker über Kunst meinen, könnte die Vielfalt der Information bereichern und die derzeitige Langweile beenden, die (oft selbsternannte) Künstler durch ihre politischen Meinungen verbreiten.

Außenansicht #1, Fazit 150 (März 2019)

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