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Ein Aufbruch mit Gegensätzen

| 3. Juni 2019 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 153, Fazitreise

Foto: Archiv

Fazit-Autor Thomas Goiser war in Kapstadt und hat sich Südafrikas Ringen um Stabilität 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid genauer angesehen.

::: Text von Thomas Goiser
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Wenn man in Kapstadt am Flughafen ankommt und sich dort die Hände waschen will, kommt nur Sprühnebel aus den Wasserhähnen. Eine Erinnerung an die Wasserkrise, die ab 2015 herrschte und mittlerweile als ausgestanden gilt. Die Bilder davon gingen um die Welt, Auswirkungen waren nicht nur lokal, sondern durch Einbußen im Tourismus und in der Landwirtschaft auch konjunkturell spürbar. Die gröbsten Folgend der Wasserkrise gelten heute als überwunden. Geblieben sind symbolische Maßnahmen, besseres Wassermanagement in Unternehmen und Haushalten und höhere Wasserpreise. Jedenfalls ist Südafrika auch ein Vierteljahrhundert nach Ende der Apartheidpolitik – das Jubiläum wird am 27. April gefeiert – ein Land großer Gegensätze. In der Nähe des Einkaufs- und Vergnügungsviertels »V&A Waterfront« betteln Obdachlose an den Ampeln, indem sie den Verpackungsmüll aus den wartenden Autos übernehmen und entsorgen. Einige Meter daneben befinden sich die Showrooms luxuriöser Automarken, die in dieser Dichte in mitteleuropäischen Metropolen nicht vorkommen.

Wirtschaft und Bevölkerung auf Wachstumskurs
Soziale Spannungsverhältnisse prägen weiterhin die Gesellschaft, das merkt man in den allgegenwärtigen Sicherheitsmaßnahmen, Absperrungen, Wachdiensten ebenso wie im Wirtschaftsleben. Etwa 57 Millionen Menschen leben im Land. Die südafrikanische Volkswirtschaft rutschte 2018 kurz in eine Rezession. Im langfristigen Trend wächst die Wirtschaftsleistung, was zahlreiche Migranten aus anderen afrikanischen Ländern anzieht. Durch das gleichzeitige Bevölkerungswachstum sinken manchmal von Jahr zu Jahr auch die Prokopfeinkommen. In der jungen Altersgruppe von 15 bis 34 ist (offiziell) etwa die Hälfte der Bevölkerung ohne Beschäftigung – sozialer Sprengstoff, nicht zuletzt wegen Mängeln im Bildungssystem. Diese Situation macht die Arbeit für ausländische Unternehmen zumeist schwer, neben der weit verbreiteten Korruption und Wechselkursschwankungen.

Österreichs Warenexporte nach Südafrika entwickeln sich – auf eher geringem Niveau – gut. Das Land gilt als Brückenkopf zu anderen afrikanischen Ländern in der Südhälfte des Kontinents und als Zentrum der afrikanischen Autoindustrie. Auch österreichische Zulieferbetriebe bringen sich hier ein. Größere Investitionen kommen aus der Papierindustrie, im Bausektor ist der Baukonzern »Strabag« im Land sehr aktiv. Chancen sieht das Außenwirtschaftscenter aktuell etwa in der Gesundheitsversorgung, im Energiewesen und bei der Infrastruktur.

Nach Wahl weiter auf Reformkurs
Anfang Mai wurde die Nationalversammlung gewählt. Präsident Cyril Ramaphosa vom African National Congress kann trotz eines Denkzettels der Wähler weiter regieren und seinen Reformkurs fortsetzen. Nach deutlichen Verlusten liegt seine Partei nun bei nur noch 57,5 Prozent. Als stärkste Oppositionspartei liegt die »Demokratische Allianz« bei knapp 21 Prozent; die radikalen »Economic Freedom Fighters« erhielten 10,8 Prozent der Stimmen. Das Wahlergebnis ist eine Grundlage dafür, dass Südafrika seine wirtschaftliche und politische Situation längerfristig stabilisieren kann.

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Weitere Informationen über Kapstadt
Sportliche Aktivitäten in Kapstadt haben meist mit dem Wasser oder der Höhe zu tun. Eine Besteigung des Tafelbergs verlangt einiges an Zeit und Kondition. Oder etwas Geld für die Seilbahn. Das Naturschutzgebiet am Plateau ist absolut sehenswert. Leichter ist es gegenüber am Hausberg, dem »Lion’s Head«. Von dessen Rücken können Touristen beim Paragliding die Stadt von oben erkunden. Im »Company’s Garden«, einer historischen Parkanlage, findet man das gleichnamige beschauliche Restaurant. Wer europäischen Anschluss sucht, bekommt diesen etwa in der Nähe eines weiteren Naturschutzgebiets im ruhigen Südwesten von Kapstadt. Hier liegt das Gästehaus von André Branschweiler mit Seezugang und eigenen Booten. In Johannesburg kann man schon einmal einen halben Tag im beeindruckenden wie bedrückenden Apartheid-Museum verbringen. Eine einzigartige Attraktion mit ist der »Free Fall Tower« mit der weltweit höchsten Anlage für freien Fall in ehemaligen Kühltürmen (man fällt aus großer Höhe in ein gespanntes Netz). Wer dagegen innerhalb der weitläufigen Stadt Erholung im Grünen sucht, findet diese in den »Botanical Gardens«.
schweiz-kapstadt-tips.com
sowetotowers.co.za
capetown.travel

Fazitreise, Fazit 153 (Juni 2019), Foto: Archiv

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