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Links und Rechts müssen endlich respektvoll miteinander diskutieren

| 11. Oktober 2019 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 156

Der ORF hat dieser Tage eine aktuelle Folge der Sendereihe »Dok 1« mit Hanno Settele ausgestrahlt. Es ging in diesem »Experiment« darum, dass er und zwei Personen unterschiedlichster Weltanschauung drei Tage in einem Wohnmobil durch Österreich fuhren. Die beiden Kontrahenten waren die Gewerkschafterin und Autorin Veronika Bohrn Mena aus dem linken und der ehemalige Pressesprecher von Heinz-Christian Strache, Konrad Weiß, aus dem rechten Spektrum.

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Gleich anfangs, die beiden wurden sich erst wenige Minuten vor Beginn der Aufzeichnung vorgestellt, drohte die Sache zu platzen. Ein »Auflockerungsspiel«, das gemeinsame Aufbauen eines Möbelstücks gelang noch recht gut: Die beiden konnten das bravourös erledigen und haben sich dabei, so konnte man als Zuseher zumindest den Eindruck gewinnen, plusminus recht gut verstanden. Danach muss es eine Phase gegeben haben, in dem sich die beiden offenbar gegenseitig »googelten« und das brachte die Gewerkschafterin dazu, mit diesem »Herrn Weiß« – zuvor waren Duwort und  Vornamensnennung in Verwendung – nichts zu tun haben zu wollen, ihm keine »Bühne bieten zu wollen, seine Vorstellungen breitzutreten«. Die Informationen, die zu dieser Ansicht führten, waren wohl die Tatsache, dass er eben Pressesprecher von Strache war und dass er in dem »Theoriemagazin der Neuen Rechen«, der Zeitschrift »Sezession« als Gastautor Texte veröffentlicht (hat).

Nach einigem Hin und Her konnte die Autorin dann doch überzeugt werden, die Aufnahmen nicht abzubrechen und so durften wir – was halt in einem 45-minütigen Zusammenschnitt möglich ist – einen mehr oder minder interessanten Meinungsaustausch mitverfolgen. Natürlich, das Klischee lässt grüßen, waren es »Migration« und »Islam«, die der »Rechte« immer wieder ansprach und (die Notwendigkeit einer) »Erbschaftssteuer« und das »soziale Desaster« in dem wir uns befinden, was von der »Linken« getrommelt wurde.

Die Beiden haben insgesamt natürlich nicht zueinander gefunden, werden auch ganz sicher nie oder zumindest nicht so schnell die besten Freunde sein, aber ganz so sinnlos, wie man nach den ersten Minuten meinen hätte können, war das ORF-Experiment aber doch nicht. Legte etwa anfänglich die Gewerkschafterin noch großen Wert darauf, mit »Frau Bohrn Mena« angesprochen zu werden, kam mit der Zeit sogar noch das eine oder andere »der Konrad hat« aus ihrem Munde. Und dessen gefühlte zigmaligen Anrufungen »linksextremer Kreise« (wer jetzt genau?) wurden auch zusehends weniger. Die Zwei hatten sich also – auch durch die Mithilfe des Moderators – zumindest eine Gesprächsbasis geschaffen.In einem Interview eine Woche nach der Caravanfahrt haben dann sogar beide versichert, so etwas jedenfalls wiederholen zu wollen. Und das ist so wichtig! Dass Linke und Rechte miteinander reden, gegenseitige Vorurteile und Stereotypen abbauen und dem jeweils Anderen zumindest zugestehen, dass er nicht »das Böse« ist. Bohrn Mena hat etwa einmal durchaus deutlich darauf hingewiesen, dass für sie »rechte Politk« mit menschenverachtender und also »böser« Politik gleichzusetzen sei. Und das ist natürlich falsch. Ich als Rechter würde gerne mit ihr über diverse (spaltende) Reizthemen reden und diskutieren und bin im Übrigen auch immer bereit, meine eigenen Positionen zu hinterfragen. Die für mich klare Ablehnung von Erbschafts- und Vermögenssteuer etwa, kommt nicht alleine aus einer »neoliberalen« oder gerne auch »neurechten« (und damit ja wieder menschenverachtenden) Position heraus, ich kann mir nur einfach nicht vorstellen, wie das – gerecht; auch wenn Gerechtigkeit ja nur ein soziales Konstrukt ist! – funktionieren kann. (Aber das werde ich gerne in einem eigenen Text einmal erläutern.) Und ich bin nicht deswegen gegen ein »bedingungsloses Grundeinkommen«, weil ich irgendjemanden etwas zu neidig wäre; es ist mir nur zur Stunde keine sinnvolle Konstruktion bekannt.

Es ist so wichtig, dass rechte und linke Positionen einen regelmäßigen Austausch haben. Respektvoll und von gegenseitiger Wertschätzung getragen – da tun sich auch Rechte ausnehmend schwer! Es kann aber nicht sein, dass mir eine linke Mitte »diktiert, wie eine Gesellschaft auszusehen hat« – das würde unweigerlich in den Untergang führen. Bohrn Mena und Weiß haben miteinander gesprochen. Und das ist gut so.

Editorial, Fazit 156 (Oktober 2019)

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