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Visionär und Grazer

| 2. August 2021 | 1 Kommentar
Kategorie: Fazit 175, Fazitgespräch

Foto: Erwin Scheriau

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl im Gespräch über seine letzte Kandidatur, Lernen mit der Bevölkerung und Konsens im Untergrund.

Das Gespräch führten Johannes Tandl und Peter K. Wagner.
Fotos von Erwin Scheriau.

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Schwarz statt Weiß. Die alte Sitzecke ist einer neuen gewichen – immerhin sind auch schon fünf Jahre ins Land gezogen, seit wir zuletzt beim Grazer Bürgermeister zu Besuch waren. Nun ist es wieder Zeit, denn im Herbst wird gewählt in der steirischen Landeshauptstadt.

1998 begann die politische Karriere des Innenstadtkaufmanns, der zunächst als Stadtrat und seit 2003 als Bürgermeister Visionen und Ideen für seinen Lebensmittelpunkt entwickelt. Die aktuellste Idee, der Weg in den Untergrund für den öffentlichen Verkehr, könnte zum Wahlthema Nummer eins werden. Oder werden ganz andere Themen gesetzt?

Wir beginnen unser Gespräch zur Mittagszeit und reden bis in den frühen Nachmittag hinein. Nicht nur einmal erreicht uns gegen Ende des Gesprächs ein fragender Blick einer Mitarbeiterin, die vom anderen Zimmer aus erfragen will, wann der Herr Bürgermeister denn für den nächsten Termin bereit wäre. Wir hatten das Gefühl, Siegfried Nagl hätte uns noch viel mehr über die Gegenwart und Zukunft der Stadt Graz erzählen können.

***

Herr Bürgermeister, Graz wählt am 26. September einen neuen Gemeinderat. Warum haben Sie sich für diesen Termin entschieden?
Möglich wäre ein Termin zwischen 19. September und 10. April gewesen. Ob der Termin strategisch günstig oder ungünstig ist, weiß keiner, ich finde ihn sinnvoll, weil niemand einen längeren Wahlkampf will. Die Menschen haben gerade wieder eine Freiheit gewonnen, wurden durch die Pandemie ununterbrochen politisch eingeschränkt. Ich glaube, jetzt sind alle ganz froh, wenn es schnell geht.

Sie sind seit 2003 im Amt. In der Zeit hat sich Graz stark verändert. Die Stadt ist auf 300.000 Menschen explodiert, vom Kulturhauptstadtjahr bis zum Murkraftwerk ist in dieser Zeit sehr viel passiert. Haben Sie nach dieser langen Zeit Ihre Ziele nicht bereits erreicht?
Also erstens: Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich in Graz jetzt schon 24 Jahren in der Stadtregierung sein darf. Ich bin jetzt im 19. Jahr Bürgermeister und die Menschen haben mir de facto schon viermal das Vertrauen ausgesprochen. Das bindet noch mehr an Menschen und es ist für mich eine totale Ehre, diese Stadt ins 21. Jahrhundert führen zu dürfen. Mit einem klaren Hintergrund aber: Ich möchte, dass unsere Enkelkinder wirklich eine Chance haben auf diesem Erdball. Sie werden voraussichtlich 10 Milliarden Mitbewerber haben. Und deswegen müssen wir auch in Graz die Zeit nutzen. Wir haben in Graz auf Dinge gesetzt, die Schlüssel für alles sind: Bildung, Ausbildung, Weiterbildung, Forschung, Entwicklung, Kreativität, Kunst und Kultur. Und dafür steht ja Graz mittlerweile ganz unangefochten in ganz Österreich – in Verbindung mit der Industrie. Es sind nicht nur Arbeitsplätze für die Zukunft, sondern wir helfen mit, dass die großen Herausforderungen gemeistert werden. Ich denke da nur an Green Technology und unseren Automotive-Sektor. Unsere Leute entwickeln Produkte und Innovationen, die weltweit eingesetzt werden können. Auf diese Karte habe ich gesetzt – und sie geht voll auf. Auch das ist der starke Zuzug nach Graz.

Foto: Erwin Scheriau

Was bedeutet dieser Zuzug für die Stadt?
Wir haben 40.000 Kinder an unseren Schulen, 62.000 studieren, das sind 100.000 junge Menschen in Ausbildung. Ich glaube, dass wir die Stadt zukunftstauglich und zukunftsfähig gemacht haben.

Und was gibt es in Graz noch zu tun für Sie?
Es gibt immer einiges zu tun. Erstens gibt es noch viele Projekte, die abzuschließen sind. Ich glaube, dass ich auch einer bin, der immer gleich zehn Jahre im Vorfeld Problemstellungen erkennt und die Diskussion um die U-Bahn zeigt das. Wir müssen im Bereich der Mobilität auch neue Wege gehen. Aber nicht nur dort. In der Stadtentwicklung muss man nur an Reininghaus denken, wo insgesamt 3,5 Milliarden Euro hineinfließen, die Smart City entsteht ebenfalls gerade. Es gibt noch einiges zu tun und ich bin sehr gespannt, ob Graz mir meine Bitte erfüllt: »Give me 5«. Ich trete ja das fünfte Mal an. Es kommt nicht oft vor, dass jemand so oft kandidiert – aber ich glaube, es braucht Zeit, um wirklich etwas bewegen zu können.

Ist dieses »Give me 5« die letzte Bitte um Stimmen an die Grazer Bevölkerung?
Also ich bin jetzt im 59. Lebensjahr, trete zum fünfte Mal an und werde danach nicht mehr in Graz kandidieren.

Sie haben die vielen jungen Menschen angesprochen. Und die sehen ja die ÖVP ja eher nicht als politische Heimat. Bei der Nationalratswahl 2017 waren die Grünen in Graz sogar an erster Stelle. Trotzdem schaffen Sie es schon so lange, die klare Nummer eins bei Kommunalwahlen zu sein. Wie und warum?
Ich glaube, das geht erstens durch Nähe zum Bürger und zweitens, indem du zeigst, dass du nicht nur innovative Ideen hast, sondern sie wirklich umsetzt. Auch muss man in der Lage sein, Krisen zu meistern. Ob es ein Sturm Paula und Hochwasser ist, ein Amokfahrer oder eine Pandemie. Ich glaube, die Menschen wollen wissen, wo die Reise hingeht und dass an der Spitze eine Person steht, die mit solchen Herausforderungen umzugehen weiß. Ich glaube, das ist auch ein Grund für das Vertrauen, das mir die Menschen geben. Graz ist so volatil. In Österreich sagen alle Menschen, die Prognosen erstellen, dass es so etwas in der Form sonst nirgends gibt. Ich glaube, die Grazer unterscheiden bei jeder Wahl, wer um Stimmen bittet und was die Person mit der Stadt vorhat. Ich freue mich, dass ich diese Chance bis jetzt bekommen habe und ich hoffe, ich kann das in Graz auch immer zurückgeben.

Graz war zu Beginn Ihrer politischen Karriere eine Pensionistenstadt und galt als konservatives Pflaster. Heute ist es eine links-grüne Boomtown. Wie sehr prägt Sie diese Veränderung in der Wählerschaft? Wir haben etwa alten Aussage gefunden, wo es um Homosexualität ging; etwa den Trauungssaal der Stadt Graz, den Sie homosexuellen Paaren verwehren wollten, und Sie sollen gesagt haben, dass Schwule und Lesben im Angesicht des Glaubens Ihre Überzeugungen ändern könnten.
Das Schöne an der Politik ist, dass du ja mit den Menschen ununterbrochen im Dialog und Diskurs stehst. Wenn du bereit bist, auch von anderen zu lernen oder ihre Meinung anzunehmen, dann passiert es auch oft, dass du deine eigene Meinung revidierst. Ich lerne mit der Bevölkerung in meinem Leben. Was ich da einmal gesagt habe, würde ich heute nie mehr sagen. Und ich glaube, es hat auch jeder mitbekommen, dass ich mich dafür entschuldigt habe. Ich bin der erste Bürgermeister, der mittlerweile Empfänge gemacht hat für Transsexuelle, ich bin mit dem Vertreter der »RosaLilaPantherinnen« in sehr gutem Gespräch und auch per du. Ich habe mich hier in einem Interview vor einem Vierteljahrhundert verrannt. Ich lerne ohnehin jeden Tag dazu – bei vielen Themen. Und das ist keine Frage von Trends. Die Leute wissen, was meine Wertvorstellungen sind, aber ich habe längst aufgehört, Menschen meine Werte aufzuzwingen. Ich erzähle bestenfalls, was meine Haltegriffe im Leben sind.

Die letzte Wahl war massiv geprägt vom Streit um das Murkraftwerk, das mittlerweile längst in Betrieb ist. Auch die Augartenbucht ist ein Freizeithit geworden. Lagen Ihre Gegner vollkommen falsch?
Auch da hab ich einen interessanten Lerneffekt gehabt. Ich habe mittlerweile mitbekommen, dass nichts Großes passiert ohne Gegenwehr und schon gar nicht, wenn es von einem Politiker kommt. Also, wenn ich eine neue Idee habe, gibt es eine große Diskussion. Ich hab ja aktuell schon die nächste Idee – die Untergrundbahn. Was war die erste Reaktion? Es hat geheißen, jetzt dreht er durch. Es gibt folgende Reihenfolge: Zuerst wirst du belächelt, dann wirst du bekämpft und zum Schluss stehen die meisten neben dir und schneiden mit dir bei der Öffnung das Band durch. Das heißt, ich bin mir ziemlich sicher geworden, dass große Dinge auch Widerstand erzeugen. Dann legt es an dir, dass du diesen Widerstand möglichst durch Überzeugung wegbringst. Das Umweltprojekt Murkraftwerk war ein Erfolg und der Lebensraum Mur mit all den Sportprojekten wird wunderbar angenommen – mehr Zuspruch kann man als Politiker gar nicht bekommen.

Sie haben die U-Bahn angesprochen. Warum ist Ihnen dieses Thema ein so großes Anliegen?
Ich habe gesagt, ich zeige einen Weg auf – das haben wir geschafft. Der zweite Schritt ist, alle mit Ihren Ideen an einen Tisch zu holen. Spannenderweise ist die Idee, eine Ebene tiefer zu gehen in allen Konzepten enthalten. Logischerweise werden wir diese Ebene irgendwann brauchen, wenn wir auch Platz für Fahrräder, Fußgänger oder Gastgärten haben wollen. Ich bin das Projekt nur angegangen, weil ich draufgekommen bin, dass wir mit unseren derzeitigen Möglichkeiten nie über 20 Prozent Anteil an öffentlichem Verkehr kommen werden, während Wien etwa 36 Prozent hat. Und das, obwohl wir 1,3 Milliarden Euro über die letzten Jahrzehnte für den ÖV ausgegeben haben. Wir haben uns die Herausforderung mit Experten angesehen und sie haben empfohlen, unter die Erde zu gehen. Zu meiner großen Freude arbeiten wir das nun nicht nur gemeinsam in Graz aus, sondern auch der Bund ist – was die Finanzierung betrifft – zumindest interessiert.

Der Konsens über den Untergrund besteht, die Konzepte Ihrer Partei und jene der Grünen oder der KPÖ liegen aber noch weit auseinander.
Unser Konzept ist das einer Mini-Metro, die möglichst an allen Schnittpunkten andere Zubringer wie ÖBB oder GKB abdeckt. Das andere Konzept ist eine S-Bahn, die unterirdisch in einem Ring fährt, um stimmige Taktungen zu erreichen. Ich bin da offen. Dafür haben wir Experten, die viel Geld bekommen. Die werden uns sagen, was das bessere Projekt ist. Mir ist nur wichtig, dass etwas weitergeht. Würde ich nicht so Gas geben, würden wir nur über die eine oder andere Straßenbahnlinie diskutieren. Aber da haben wir ohnehin erst unlängst einige Linien beschlossen, die neu kommen werden.

Die Untergrundverlegung des öffentlichen Verkehrs wird also auch wichtiger Teil der Koalitionsverhandlungen sein?
Es wird noch keine Lösung geben – das wird noch ein dreiviertel Jahr dauern. Aber es wird in der Vereinbarung stehen.

Die U-Bahn ist eine von vielen Visionen, die Sie für Graz haben und hatten. Es gab auch Ideen, die sich nicht durchgesetzt haben – die Wabengarage am Eisernen Tor, die Plabutschgondel oder Olympia in Graz. Setzen sich nur jene Ideen durch, die richtig mehrheitsfähig sind?
Also mein Leitspruch ist: Auf die Dauer hält niemand meine Ausdauer aus. Und dabei bleibe ich auch, weil das Bretterbohren gehört einfach dazu. Es gibt mittlerweile über 1.000 Projekte, die mir als Bürgermeister gelungen sind. Es gibt ein paar Projekte, die mir nicht gelungen sind. Davon ist eines – nämlich Olympia. Und zwar weil das andere Gebietskörperschaften nicht wollten. Die Wabengarage ist etwa nicht abgesagt, da arbeitet der Investor noch daran. Wir wollen überall den Verkehr beruhigen. Davon spricht die ÖVP schon lange, aber niemand weiß, wo die Autos hin sollen. Wir wollen alle Platz für die Menschen schaffen. Um den Plabutsch tut sich derzeit einiges – der Thalersee mit dem neuen Restaurant wird derzeit gebaut, auch die Langlaufloipe wird saniert. Die Plabutschgondel habe ich für ein sinnvolles Projekt erachtet, da die Erreichbarkeit eines nahezu innerstädtischen Naherholungsgebietes mit Bim und Gondel nachhaltig ist. Denn wir diskutieren inzwischen darüber, dass am Schöckl Parkzonen fehlen, weil so viele Menschen mit dem Auto zu den Naherholungsgebieten fahren. Meine Idee war ja nur, das Naherholungsgebiet Plabutsch und Thal so erreichbar zu machen, dass kein Auto notwendig ist.

Die Projekte sind auch in Bezug auf Koalitionsverhandlungen von Bedeutung. Sind die Freiheitlichen nach den Auftritten des Bundesparteichefs Herbert Kickl überhaupt noch ein Thema als Koalitionspartner?
Ich hab ja das ganze Farbspektrum durch und sogar mit den Kommunisten zwei Jahre zusammengearbeitet. Ich würde mir wünschen, dass es eine Konstellation gibt, bei der zwei Parteien ein Regierungsprogramm aufstellen können. Ich werde am Wahlabend wieder eines in der Tasche haben, das ich in den nächsten Wochen und Monaten auch vorstellen werde. Die Fraktion, die mehr auf diese Projekte eingeht, mit der werde ich eine Koalition eingehen, so mir die Wähler wieder das Vertrauen schenken. Insofern sind auch die Freiheitlichen ein möglicher Partner.

Die Grünen haben die sozialen Medien überflutet mit wunderbaren Bildern von verkehrsberuhigten Grazer Straßen und Plätzen mit vielen Bäumen. Gleichzeitig ist jedem Unternehmer und natürlich jedem in der Kommunalpolitik völlig klar, dass sich die Grünen auf Kosten der Autofahrer profilieren. Wie geht es Ihnen damit?
Lisa Rücker hatte genauso eine Periode das Verkehrsressort über wie alle anderen Fraktionen. Über Verkehrspolitik kann also gar keiner schimpfen, weil in den vergangenen 25 Jahren fünf Farben in diesem Ressort vertreten waren. Kurz vor der Wahl kann man jedem versprechen, eine Wohnstraße zu bekommen.

Aber steht es nicht außer Frage, dass Autos aus urbanen Räumen mittelfristig immer mehr verschwinden werden?
Wir haben eine unheimliche grüne Bilanz. Wir haben 72 Prozent Grünbedeckungsgrad. Das hat kaum eine andere Stadt. Wir haben aber Mankos auf den Straßen und Plätzen. Deswegen haben wir angefangen, jede Straße, die wir aufgraben, mit Bäumen zu versehen. In Reininghaus haben wir gerade 1.000 Stück gesetzt. Aber nur wenn der öffentliche Verkehr auch für die Pendler und Bewohner attraktiver wird, verzichten sie das Auto. Ein Trend, den wir in Graz leider noch nicht haben. Denn unsere Öffis sind noch nicht schnell genug und sie sind auch nicht komfortabel genug. Da ist Wien viel besser aufgestellt.

Foto: Erwin Scheriau

Es fehlen auch Radhighways, um richtig schnell zu sein.
Richtig, deshalb haben wir gemeinsam mit Anton Lang ein Paket geschnürt, das 100 Millionen Euro für eine Radoffensive garantiert. Das ist eine gewaltige Summe, die nicht einmal die Fahrradstädte Kopenhagen oder Amsterdam pro Einwohner ausgeben. Derzeit wird an fünf Korridoren getüftelt. In den nächsten zehn Jahren wird sich gewaltig viel tun. Mit Rad und öffentlichem Verkehr werden wir beim Modal Split sehr viel erreichen können.

Also wir uns 2016 zu einem Fazitgespräch getroffen haben – auch vor der Gemeinderatswahl –, haben Sie gesagt, dass Sie sich vor jeder Wahl neu hinterfragen. Und zwar bezüglich Ihrer Ideen, aber auch was Ihre Führungsstärke und Ihr personelles Umfeld betrifft. Wie gut sehen Sie die Grazer Volkspartei aufgestellt? Auch mit dem Hintergrund, zum letzten Mal bei einer Wahl zu kandidieren.
Ich bin ziemlich glücklich, weil ich eine wirklich breit aufgestellte Funktionärsebene hinter mir weiß. Weil nun auch die Diskussion über Wahlkampfkosten aufkam, möchte ich kurz auf unsere Breite hinweisen: Die Neos haben in Graz drei Mandatare – zwei im Bezirk und einen Sitz im Gemeinderat. Ich habe rund 7.000 Mitglieder und viele Menschen, die mitarbeiten. Mit Kurt Hohensinner habe ich einen klaren Nachfolger aufgebaut, der schwere und große Ressorts übernommen hat. Ich sehe die ÖVP besser aufgestellt als alle anderen Fraktion. Und ich weiß um die Gefahr einer nicht stattfindenden Unternehmensübergabe. Da gibt‘s ja den schönen Witz: »Mein Sohn, in zwei Jahren geh‘ ich in Pension. Dann kannst du übernehmen« – »Papa, warten wir noch drei Jahre, dann gehen wir beide.« [lacht] Das wollen wir verhindern.

Gibt es Ambitionen, Hermann Schützenhöfer nachzufolgen? Wir haben irgendwo auch schon gehört, dass Sie ein guter Bundespräsident wären.
Ein altes jiddische Sprichwort sagt, dass man keinen Vorschuss auf Zores nehmen soll. Ich weiß nicht, was auf mich zukommt. Ich habe mich immer auf Graz konzentriert und mich immer gefreut, wenn nach mir gerufen wurde. Wenn die Zeit reif ist, wird eine neue Weichenstellung auf mich zukommen. Es gibt auch Dinge abseits der Politik, die mich reizen.

Das interessiert uns jetzt.
Das Thema Entwicklungshilfe zum Beispiel. Ich hätte mir für Afrika schon längst einmal etwas Ähnliches gewünscht wie das, was Europa mit dem Marshallplan bekommen hat. Ich werde das auch Sebastian Kurz sagen, wenn ich ihn das nächste Mal sehe. Wir haben ja Städtepartnerschaften, ich hätte gerne eine Landespartnerschaft. So könnte Österreich seine ganze Entwicklungshilfe auf die Entwicklung eines einzigen Landes wie etwa Äthiopien fokussieren, wo Karlheinz Böhm aktiv war. In Form von wirklicher partnerschaftlicher Hilfe auf allen Ebenen. Dort könnten sich Österreicher, die in Pension gehen, vor Ort einbringen – sofern es dort ohne gröbere Unruhen möglich ist. Vielleicht würde das auch dazu führen, dass Menschen auf diesem Kontinent nicht nach Europa drängen, sondern im eigenen Land bleiben wollen, weil in ihrer Heimat viele neue Chancen entstehen. Eine echte Partnerschaft, bei der die Geber nicht nur mit Geldspritzen und im kolonialistischen Stil agieren, sondern auf Augenhöhe in Bildung und vieles mehr investieren.

Was ist eigentlich Ihr Wahlziel?
Ich möchte so stark sein wie jetzt. Erster werden in den Bezirken, Erster werden auf Gemeinderatsebene – das wäre schön.

Herr Nagl, vielen Dank für das Gespräch!

*

Siegfried Nagl wurde am 18. April 1963 in Graz geboren und studierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität. Mit nur 25 Jahren wurde er geschäftsführender Gesellschafter des elterlichen Betriebs Klammerth in Grazer Herrengasse, ehe er 1998 als Stadtrat für die ÖVP in die Politik quereinstieg. 2003 gewann er die Gemeinderatswahlen und ist seitdem Bürgermeister. Nagl ist verheiratet und hat vier Kinder.

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Fazitgespräch, Fazit 175 (August 2021), Fotos: Erwin Scheriau

Kommentare

Eine Antwort zu “Visionär und Grazer”

  1. Confluence: STEIERMARK
    16. August 2021 @ 16:24

    Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP)

    Überblick Siegfried Nagl (geboren am 21. Juni 1963

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