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Stärke und Freiheit für Europa

| 18. August 2023 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 195, Fazitgespräch

Foto: Marija Kanizaj

Der EU-Parlamentarier Lukas Mandl ist ebenso glühender Verfechter der europäischen Idee wie scharfer Kritiker der Brüsseler Bürokratie. Wir haben ihn gefragt, warum die Europäische Union auf der Stelle tritt, der Westbalkan noch immer nicht Teil Europas ist und wie er zu den Sanktionen gegen Russland steht.

Das Gespräch führten Johannes Roth und Johannes Tandl.
Fotos von Marija Kanizaj.

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Der Motor der Europäischen Union läuft derzeit nicht wirklich rund. Eine Baustelle nach der anderen behindert ihre Entwicklung. Was mit der Bankenkrise 2008 seinen Ausgang nahm, setzt sich seither in multiplen Krisen fort, die das komplexe Staaten- und Nationengebilde nicht zufriedenstellend beantworten kann: Die Fiskalpolitik, Migrationsströme, die Schengenerweiterung, der Angriffskrieg Russlands, die Bekämpfung des Klimawandels, der Austritt Großbritanniens scheinen die Brüsseler Bürokraten zu überfordern.

Das wiederum bietet nationalen Populisten und diversen Austrittsapologeten eine breitere Angriffsfläche denn je. Vor diesem Hintergrund haben wir Brüssel-Insider und EVP-Parlamentarier Lukas Mandl eingeladen, mit uns seine Einschätzung zur aktuellen Lage in der Europäischen Union zu teilen.

***

Herr Abgeordneter, wir sind heute weiter weg von einer europäischen Nation denn je. Wir waren da schon viel weiter. Was läuft schief an der großartigen europäischen Idee?
Zunächst: Ich teile viel Frustration, ich versuche eben, sie in parlamentarische Arbeit umzusetzen. Ich denke, dass die Europäische Union das Beste ist, was dem Kontinent und den Menschen hier je passiert ist. Wir haben aber den Auftrag, weiterzuentwickeln, was Generationen vor uns aufgebaut haben. Und das stockt. Wir haben gerade mit zehn Jahren die längste Periode in der Geschichte der Europäischen Union ohne Erweiterung, dafür mit einem Austritt – und eine Erweiterung im Sinne einer Stärkung Europas ist in naher Zukunft auch nicht zu erwarten.

Foto: Marija Kanizaj

Manche sagen, die EU sei zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Ihr Befund?
Die Europäische Union ist in eine Richtung gelaufen, in der sie sich zu viel um Regulierung nach innen kümmert und zu wenig um eine Stärkung nach außen. Das sieht man zum Beispiel auch in der Zusammensetzung der Europäischen Kommission, in den Ressorts der Mitglieder der Kommission, die zum allergrößten Teil nach innen gerichtet sind und das noch dazu sehr, sehr kleinteilig. Denn während wir nach außen viel zu wenig Kraft entfalten, verwalten wir uns nach innen bis zur Ermüdung.

Weltpolitisch ist die EU kein Machtfaktor, sondern wird bestenfalls als Anhängsel der USA wahrgenommen. Haben wir auch das selbst zu verantworten?
Die Brüsseler Blasensprache nennt das, was wir brauchen, »strategische Autonomie« und »offene strategische Resilienz«. Das heißt: Wir müssen auf Augenhöhe, auch mit unseren wertepolitisch gleichgesinnten Partnern in allen Teilen der Welt agieren können – mit den USA, aber auch mit den anderen, wie Südkorea, Australien, Neuseeland und dem Vereinigten Königreich. Denen müssen wir erklären, dass es im Interesse der gesamten freien Welt ist, wenn sich Europa diese strategische Autonomie selbst gibt. Darauf arbeiten wir hin, aber es geht viel zu langsam. Durch die Entwicklung des vollen Angriffskriegs des Kreml-Regimes [auf die Ukraine, Anmerkung] geht diese Arbeit zwar schneller, aber bis jetzt kann man nur von eineinhalb Jahren vieler guter Anfänge sprechen, es ist noch nicht nachhaltig.

Was meinen Sie damit?
Viele gute Entwicklungen haben im März 2022 ihren Ausgang genommen. Etwa die Nutzung der europäischen Friedensfazilität, die unblutige Verteidigung gegen einen blutigen Angriffskrieg in Form von Sanktionen, die Östliche Partnerschaft oder die Integration von Großbritannien und Nordirland in die Pesco [Permanent Structured Cooperation, Anmerkung]. Oder auch »Skyshield«, eine Entwicklung, die den Luftraum Europas schützen soll. Wir müssen alles daransetzen, der nächsten Generation ein Europa ohne permanentes Risiko einer Aggression aus der Nachbarschaft zu hinterlassen.

Einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik stehen ja auch Ungarn oder Polen entgegen. Wäre es denkbar, abseits der Nato eine Sicherheitsarchitektur zu schaffen?
Ich glaube, es wäre falsch anzunehmen, ein EU-Sicherheitskonzept würde außerhalb der Nato funktionieren. Die EU muss aber innerhalb der Nato mehr Selbstbewusstsein und mehr Kraft entwickeln. Es gibt sie schon wirklich, die europäische Einigkeit, und seit dem Angriffskrieg Putin-Russlands wie nie zuvor. Es gibt auch die Ausreißer aus dieser Einigkeit, das ist innerhalb der EU Ungarn und außerhalb Serbien. Seit dem Brexit bis zu Kriegsbeginn war der einzige Staat, der auf einem rationalen, vernünftigen Level Sicherheit ernst genug genommen hat, Frankreich. Das ist einerseits Motor und andererseits sehr tonangebend, in welche Richtung sich europäische Sicherheitspolitik bewegen soll.

Sie haben vorher Serbien erwähnt. Wie schaut es denn nun mit der Beitrittsperspektive der Westbalkanstaaten wie Serbien und Nordmazedonien aus?
Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass der Weltbalkan geografisch nicht am Rand, sondern mitten in Europa liegt. Zumindest in fünf der sechs Westbalkanstaaten ist die proeuropäische Gesinnung der Bürger größer als in vielen Mitgliedsländern. Dass diese Staaten nicht Mitglied sind, führt zu einer Schwächung Europas. Denn es ist ja so, dass ein Beitritt nicht ein Geschenk an diese Staaten ist, sondern es ist im Gegenteil ein vitales Interesse der EU, diesen Teil Europas nicht zur Einflusssphäre von China, der Türkei oder anderen Akteuren zu machen. Wir wollen Europa stärken, indem wir es erweitern, und damit das Gewicht Europas in der Welt erhöhen.

Warum agiert dann die Brüsseler Bürokratie am Verhandlungstisch so kontraproduktiv?
Ich bin ein scharfer Kritiker des bürokratischen Zugangs der EU zu Erweiterungen. Auch weil die Bürokraten hier auf zwei Augen blind sind. Einerseits dafür, dass es möglicherweise gravierende Abweichungen in den von uns vertretenen Werten gibt, wie es gerade die serbische Regierung zeigt; hier wird einfach weiterverhandelt, als wäre nichts, aber es ist schon gravierend, wie sich die serbische Regierung zum Putin-Angriffskrieg positioniert hat. Andererseits fühlen sich Menschen gefoppt, weil bürokratisch immer neue Methodologien geschaffen werden, mit denen dann verhandelt wird. Da werden Kapitel geschlossen und später wieder geöffnet … ich versuche, den Bürgerinnen und Bürgern der Westbalkanstaaten dann immer zu vermitteln, dass wir uns auch innerhalb der EU gefoppt fühlen von der Brüsseler Bürokratie. Das wirkt nicht nur nach außen so, sondern auch nach innen.

Wie also kann man die Bürokratie in dieser wichtigen Frage überwinden?
Ich nähere mich hier Erhard Busek an, der sagte, man müsse die sechs Westbalkanstaaten auf einmal in einem visionären Akt, ich würde sagen, in einem Akt des Leadership aufnehmen. Das hat auch Geschichte in Europa: Helmut Kohl wusste nicht, welche Implikationen die deutsche Wiedervereinigung haben würde. François Mitterrand wusste nicht, ob er sie zulassen sollte. Aber er hatte den Mut dazu. Lech Wałęsa wusste nicht, dass Streiks gegen das Regime funktionieren würden, aber er hat sein Leben eingesetzt. Man muss sich schon etwas trauen, wenn man Europa voranbringen will.

Zu Kriegsbeginn hat die Kommissionspräsidentin der Ukraine quasi den Kandidatenstatus verliehen. Sollte auch die Ukraine weniger bürokratisch an die EU herangeführt werden?
Ich denke, man muss in Bezug auf die Ukraine immer einen Schritt vor den anderen setzen. Das bedeutet zunächst die Solidarität mit den leidenden Menschen, die Unterstützung für die Landesverteidigung und natürlich die Sanktionen. Der zweite Schritt wird sein, dieses Land beim ideellen und materiellen Wiederaufbau zu unterstützen.

Wenn das geschafft ist, ist die Ukraine reif für einen Status als Vollmitglied?
Noch nicht ganz, denn dann braucht es jedenfalls einen weiteren Schritt: Dann muss Europa nämlich das neue geopolitische Szenario verstehen lernen und mitgestalten: Da werden wir nicht über die Ukraine sprechen, sondern mit der Ukraine. Dasselbe gilt für die anderen Staaten der östlichen Partnerschaft wie Georgien und die Republik Moldau. Selbstverständlich wird es irgendwann auch um die Nachfolgestruktur der sogenannten russischen Föderation gehen. Und dann gibt es – irgendwann – die Frage der EU-Vollmitgliedschaft für viele Staaten auf dem europäischen Territorium. Aber das wird erst der vierte Schritt.

Manche sagen, der Zerfall der deutsch-französischen Achse sei dafür verantwortlich, dass mit der Verbreiterung der EU nichts weitergeht. Die hat ja Europa immer vorangetrieben, das fehlt jetzt ein wenig – wie sehen Sie das?
Ich erlebe es in der täglichen Arbeit – und ich sage das nur halb im Scherz – schon fast als zu viel, was sich die Deutschen und die Franzosen miteinander ausmachen. Ich finde, in vielen Dingen müssten schon alle 27 Mitgliedsstaaten mitreden… Was ich aber in der Zeit vor dem Angriffskrieg erlebt habe, war etwas anderes: nämlich eine Spaltungstendenz zwischen Ost- und Westeuropa. Die gibt es vor allem deshalb nicht mehr, weil viele den baltischen und polnischen Kollegen, auch den Finnen und anderen, Respekt dafür zollen, dass sie mit ihrer Einschätzung Putins immer Recht hatten.

Trotzdem: Die großen deutsch-französischen Initiativen fehlen …
Ja, stimmt. Meine Diagnose ist, dass das ein Mangel an Leadership ist. Die Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, die Bereitschaft, etwas zu machen, was nicht ohnehin von vornherein Zustimmung findet, sondern etwas, was man für richtig hält, und das auch erklären und verantworten zu können – diese Risikobereitschaft fehlt. Dieser Mangel an Leadership* scheint mir auf allen Ebenen unserer heutigen politischen Welt vorhanden zu sein.

Sie sind Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zur koreanischen Halbinsel. Was dürfen wir uns darunter vorstellen?
Das europäische Parlament ist die einzige EU-Institution, die mit Nordkorea formal Kontakt pflegt. Das ist eine nicht immer schöne, aber sinnvolle Aufgabe. Eine sehr schöne ist es mit Südkorea. Weil wir ein Freihandelsabkommen haben, das eines der erfolgreichsten der Welt ist. Südkorea gehört auch politisch und sicherheitstechnisch zu den zehn strategisch wichtigen Partnern der EU, es ist ein Staat, der die von uns vertretenen Werte teilt und verteidigt. Wir haben aber dennoch einen Reibungspunkt: Südkorea führt kein europäisches Rindfleisch ein. Das ist ein Wermutstropfen, ich adressiere das bei jeder Gelegenheit. Es ist wichtig, dass auch die Landwirtschaft als Teil der Wirtschaft respektiert wird.

Foto: Marija Kanizaj
Apropos: Die ÖVP-Bauern in Österreich stellen massiv das geplante Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten in Frage. Warum?
Ich will deutlich festhalten: Freihandel bedeutet Wohlstand und Selbstbestimmung. Das Gegenteil bedeutet Armut und Fremdbestimmung. Bei jeder Verhandlung um ein Freihandelsabkommen geht’s um das »Wie« und nicht um das »Ob«. Bei Mercosur gibt es offensichtlich noch kein »Wie«, dem Österreich zustimmen kann. Das sage ich in Respekt gegenüber dem österreichischen Parlament, das hier eine klare Stellungnahme zum damaligen Verhandlungsstand gegeben hat. Das Abkommen gehört nun fertig verhandelt, aber mit dem Ziel, es zu schaffen. Nicht, um es nicht zu schaffen.

Gleichzeitig gibt es EU-Initiativen wie das Lieferkettengesetz, die manche als Zeichen für eine Antiglobalisierungstendenz werten. Wie stehen Sie dazu?
Ich habe mich im europäischen Parlament kritisch dagegen positioniert. Weil, wie so oft, die Absicht richtig ist, die Umsetzung aber falsch. Es schwächt die Wirtschafts- und Arbeitswelt in jenem Teil der Erde, der soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien am meisten beachtet – und das ist nun einmal Europa. Wenn wir uns aber selbst schwächen, dann schwächen wir auch diese sozialen und ökologischen Werte. Wenn wir von unseren Betrieben Dinge verlangen, die im Wirtschaftskreislauf unmöglich sind, mit Gesetzen, denen Betriebe in anderen Teilen der Welt nicht unterliegen, dann schädigen wir den Wirtschaftsstandort und helfen niemandem.

Andererseits: Das Gesetz verspricht Großes, zum Beispiel Kinderarbeit einzudämmen. Ist das nicht etwas, für das man Opfer bringen kann?
Ich werde immer mit ganzem Herzen und ganzer Seele gegen Kinderarmut eintreten. Es ist leider oft eine Polemik in der EU-Politik, dass unterstellt wird, man würde die Intention nicht teilen, wenn man vielleicht nur einen völlig falschen, bürokratischen, kontraproduktiven Weg nicht unterstützt. Aber dieses Gesetz umfasst nur zu einem Bruchteil Themen, die mit Kinderarbeit zu tun haben. Es ist schlicht nicht hinreichend, um Kinderarbeit zu bekämpfen.

Einige machen der EU den Vorwurf, sie würde den Wirtschaftsstandort auch dadurch schwächen, dass sie auf den Sanktionen gegen Russland beharre. Diese würden uns selbst am meisten schaden. Was kann man ihnen entgegnen?
Was uns am meisten schaden würde, wäre, wenn sich das Beispiel von Putin-Russland international durchsetzt. Das darf nicht geschehen. Es darf nicht den Präzedenzfall geben, dass man ungestraft ein anderes Land überfällt, Kriegsverbrechen und Gräueltaten begeht und damit irgendetwas erreicht. Und es darf sich auch die Einflusssphäre dieses autokratischen Mafiastaates – und das ist Putin-Russland – nicht noch weiter vergrößern. Sicher, es ist viel zu ertragen. Aber die Alternative dieser unblutigen Verteidigung in einem blutigen Angriffskrieg wäre noch viel kostenintensiver: Sie würde noch Generationen nach uns der Gefahr von Unfreiheit auf europäischem Boden aussetzen.

Es kommt nun eine Art Lackmustest in unseren Beziehungen zur Ukraine auf uns zu. Die hat ja gedroht, kein Gas mehr zu uns durchzulassen. Das würde unsere Industrie, die jetzt schon mit nicht konkurrenzfähigen Energiepreisen kämpft, zusätzlich belasten – und damit die Inflation anheizen. Was machen wir, wenn das eintritt?
Ich will daran erinnern, dass der Präsident der Ukraine, der sein Land von der ersten Sekunde an verteidigt hat, monatelang wöchentlich in der gesamten freien Welt um Unterstützung betteln musste. Irgendwann hat sich dieses demütigende Schauspiel zum Glück beruhigt. Ich will nun auch, dass wir nicht bei der Ukraine betteln gehen müssen, dass Gas, das wir noch dringend brauchen, auch durchgelassen wird. Wir haben aber auch die eigene Verantwortung, die Abhängigkeit von russischem Gas abzubauen. Das dauert leider einige Jahre, aber man arbeitet daran. Es wird aus meiner Sicht nicht nötig sein, zu betteln.

Ein anderer Brennpunkt Europas ist der Kosovo. Sie sind Kosovobeauftragter der Volkspartei: Wie steht’s um die Unabhängigkeit dieses Teils Europas?
Es gibt eine Minderheit von fünf EU-Mitgliedsstaaten, die die Republik Kosovo immer noch nicht anerkennen. In keinem dieser Fälle liegt es an der Republik Kosovo, sondern an einem Problem, das diese Staaten – Zypern, Rumänien, Slowakei, Spanien und Griechenland – mit ihren eigenen Minderheiten haben. Hier wurde das Momentum verpasst, bei der großen Einigkeit zu Beginn des Angriffskrieges die Anerkennung der Unabhängigkeit zu vollziehen; ein anderes Momentum war im Herbst 2020 die Anerkennung durch Israel – ein geopolitischer Glücksfall. Auch das wurde verpasst. Das ist ein echtes Versäumnis dieser fünf Mitgliedsstaaten. Wie überhaupt die gesamte Politik der Europäischen Union in Bezug auf die Westbalkanstaaten sehr glücklos ist. Gelinde gesagt.

Foto: Marija Kanizaj

Die ÖVP steht in Europa für eine kritische, stringente Linie in Sachen Migration. In Österreich gefällt das dem grünen Koalitionspartner gar nicht. Wie begründen Sie die Haltung der ÖVP in der europäischen Migrationspolitik?
Die ÖVP hat in weiser Voraussicht im Koalitionsübereinkommen festgehalten, dass sie es ist, welche die Regierungslinie in Sachen Migration gestaltet. Das ist ja keine ideologische Frage, sondern eine praktische. Kein Teil der Welt achtet Menschenwürde und Freiheitsrechte so sehr wie die Europäische Union. Gleichzeitig aber sind wir einer der attraktivsten Teile der Welt für Migrationsströme, so wie auch die USA und Kanada, Australien oder Neuseeland. Aber all diese Staaten haben sehr klare Regeln. Wir nicht. Nun hat Österreich im Zusammenhang mit der Schengen-Erweiterung der EU maßgeblich dazu beigetragen, dass ein neues europäisches Asylpaket endlich in die Entscheidungsphase kommt. Das Vorgehen hat nicht für nur positive Reaktionen gesorgt, aber im Ergebnis zu einer positiven Entwicklung geführt: Jetzt ist der Weg zu einer Asylpolitik offen, die diesen Namen auch verdient.

Neben der Migration ist das Klima eines der großen Themen unserer Zeit. Wie kann man den Ausbau der erneuerbaren Energie auf europäischer Ebene beschleunigen?
Beschleunigte Verfahren und eine Erweiterung des Rechtsrahmens wären ein guter Anfang. Zum Klimawandel insgesamt ist zu sagen, dass wir in der EU nur fünf Prozent der Weltbevölkerung sind, wir werden den Klimawandel also nicht alleine aufhalten können. Wenn wir das wollen, dann müssen wir die anderen Teile der Welt mitnehmen, die haben aber einfach nicht jenen Blick auf den Klimawandel, den wir mittlerweile für selbstverständlich halten. Auch das ist ein Grund, dass wir als Europa mehr Stärke brauchen. Damit wir überhaupt ernst genommen werden. Und: Wir müssen ein gutes Beispiel abgeben, indem wir nicht mit Verboten arbeiten. Verbotsideen gibt’s fast jede Woche im europäischen Parlament, denen trete ich auch vehement entgegen. Wir müssen mit Innovation, mit Ideen an der Bekämpfung des Klimawandels arbeiten. Technologieoffenheit ist ein Gebot der Stunde.

Herr Mandl, wir danken für das Gespräch!

*

Mag. Lukas Mandl wurde 1979 in Wien geboren. Er gehört im Europäischen Parlament der Fraktion der EVP an. Die parlamentarischen Tätigkeiten des Niederösterreichers umfassen u.a. Funktionen als Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zur Koreanischen Halbinsel und stellvertretender Vorsitzender des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung. Mandl maturierte 1998 in Wien und schloss 2004 das Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien ab. In seiner politischen Laufbahn kann der 44-jährige Mandl auf zahlreiche Funktionen im ÖAAB, dem Stadtsenat von Gerasdorf und dem niederösterreichischen Landtag verweisen. Seit 2017 ist er Vizepräsident der Versammlung der Regionen Europas. Lukas Mandl ist Vater von drei Kindern.

Fazitgespräch, Fazit 195 (August 2023), Fotos: Marija Kanizaj

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