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Fazitthema Leistungsgesellschaft

| 10. Oktober 2023 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 196, Fazitthema

Foto: Timon Studler/Unsplash

Wir Menschen lieben nichts so sehr wie unsere Komfortzone. Das gilt für uns Individuen ebenso wie für die Gesellschaft im Allgemeinen. Kein Wunder, dass die Ausweitung eben dieser Komfortzone im Zentrum politischer Überlegungen steht. Nicht immer zu unserem Vorteil. Denn wir alle brauchen Leistung. Text von Johannes Roth

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Physikalisch gesehen ist die Sache klar: P=dW/dt=W˙. Hinter dieser simplen Formel verbirgt sich nicht weniger als eines der großen Geheimnisse der Menschheit: Leistung ist Arbeit durch Zeit. Damit ist selbst für Menschen, die Mathematik lediglich auf AHS-Unterstufen-Niveau verstehen, klar: Je mehr Arbeit und je weniger Zeit, desto größer die Leistung – eine halbwegs taugliche Definition des Leistungsbegriffes. Vor nicht allzu langer Zeit stand fest: Ohne Leistung kein Fortkommen. Ein ruhender Körper bleibt in Ruhe, wenn keine äußeren Kräfte auf ihn einwirken – das ebenfalls physikalisch gemeinte Trägheitsgesetz lässt sich ohne Mühe auch auf den Menschen anwenden: Wenn sich etwas bewegen soll, bedarf es eines gewissen Anstoßes. Trägheit und Leistung – zwei Eigenschaften, die, bezogen auf den menschlichen Charakter, einander ausschließen.

Prinzipien dieser Art mögen in der Physik unumstritten sein. Der modernen Soziologie freilich sind sie so fremd. Dass eine Gesellschaft sich durch Leistung weiterentwickelt – eine Tatsache, die Jahrtausende lang als unumstößlich galt –, ist für progressive Kräfte nichts, was man nicht in Frage stellen könnte. Es sei denn, es geht um die Einführung neuer Steuern: Leistungsloses Einkommen, das durch Erbschaft oder Vermögen erzielt wird, geht gar nicht. Außer als Grundlage für alle Arten von Neiddebatten, die wiederum ihrerseits die Basis für neue Steuereinnahmen sein sollen.

Leistungsgesellschaften sind hochentwickelt
Gesellschaften, in denen Status und Einkommen durch individuelle Leistung bestimmt werden, gelten gemeinhin als hochentwickelt. Es ist das Urbild liberaler Vorstellungen: Wer sich anstrengt, wird es zu etwas bringen. Der vielzitierte American Dream beschreibt genau das: Vorwärtskommen durch Fleiß und Beharrlichkeit. Historisch gesehen werden die Leistungsgesellschaften den Ständegesellschaften gegenübergestellt, in denen Privilegien durch Zugehörigkeit – auch, aber nicht nur durch Geburt – zu einem gewissen Stand gewährt werden. Wer dem nichts abgewinnen kann, teilt die Welt in Klassen ein – also Gruppen von Menschen mit gemeinsamen, zumeist wirtschaftlichen Interessen. Die klassenlose Gesellschaft ist bekanntlich ein Ideal der Kommunisten bzw. Marxisten, die hinsichtlich der Definition sozialer Gruppen einen Schritt weiter gehen. Sie differenzieren zwischen Herrschenden und Beherrschten. Nicht zuletzt durch die politischen Machtverhältnisse in Graz, Salzburg und Andreas Babler als neue Speerspitze des linksextremen Flügels der Sozialdemokratie ist diese Definition (die man schon unter historische Verirrungen ablegen zu können geglaubt hatte) wieder in den Fokus der Wähler gerückt. Sie alle stehen dem Prinzip einer Gesellschaft, deren Mitglieder durch individuelle Leistung dazu beitragen, dass sich diese Gesellschaft entwickelt, diametral entgegen: Kommunisten wie Sozialdemokraten postulieren, dass es prioritär nicht darum gehe, wer – ökonomisch gesehen – die größte Leistung erbringt, sondern darum, wie gerecht Güter verteilt sind. Und natürlich, wie wohl man sich dabei fühlt, wenn man schon Leistung erbringen muss.

Voraussetzung für soziale Entwicklung
Dabei ist das Leistungsprinzip eine tragende Säule sozialer Weiterentwicklung. Wer Leistung erbringen oder seine Leistungsfähigkeit steigern will, der wird nicht umhinkommen, sich anzustrengen und gezielt zu trainieren. Schon der bekannte Psychologe Abraham Maslow betonte die Bedeutung von Selbstverwirklichung als grundlegendes menschliches Bedürfnis. Man sei dann am glücklichsten, wenn man sich selbst herausfordere, seine Fähigkeiten erweitere und sein Potenzial ausschöpfe. Maslow entwickelte die Bedürfnispyramide, in der er fünf Stufen menschlicher Bedürfnisse darstellte. Selbstverwirklichung steht an ihrer Spitze und bezieht sich auf das Streben nach persönlichem Wachstum und Erfüllung. Sie ist eng mit dem Konzept der Leistung verknüpft. Das Streben nach Leistung kann also sowohl persönliche Zufriedenheit als auch soziale Weiterentwicklung fördern. Kaum vorstellbar, dass sich wesentliche und lebensnotwendige Charaktereigenschaften wie Resilienz oder Frustrationstoleranz bilden lassen, ohne im Bestreben, Leistung zu erbringen, auch das Scheitern an den eigenen und anderer Ansprüche zu lernen.

Nicht für die Schule, für das Leben lernen wir
Das Bestreben, Leistung objektivierbar zu machen, beginnt beim Beurteilungssystem in der Schule. Noten waren dort bisher  elementar, um schulische Leistung darzustellen. Das hat eine lange Tradition: Die Jesuiten führten zunächst das sechsstufige Notensystem ein: beste, gute, mittelmäßige, zweifelhafte, sitzenbleibende, ganz zu entfernende Schüler waren Ende des 16. Jahrhunderts in den Klassen zu finden. Wer in eine höhere Klasse aufsteigen wollte – die Analogien zur Gesellschaft drängen sich hier auf –, der musste eine Prüfung ablegen, die eben nach den vorgenannten Kriterien beurteilt wurde. Leistung entschied also darüber, ob Aufstieg möglich war.

Genügten zur Zeit Maria Theresias drei Klassifizierungen (Sehr gut, mittelmäßig, schlecht), ist das fünfstufige Notensystem unserer Tage in die Kritik geraten. Noten im Allgemeinen würden den Druck auf die Schüler so erhöhen und sie so traumatisieren, dass der Spaß am Lernen dadurch völlig verloren ginge, wird behauptet. SPÖ-Chef Andreas Babler etwa, der nach übereinstimmenden Medienberichten weder das Gymnasium noch die HTL mit Matura abgeschlossen haben soll, wärmte jüngst eine alte linke Forderung wieder auf: Er könne sich eine Schule ohne Noten durchaus vorstellen, und zwar bis zum 15. Lebensjahr, ließ er verlauten, seine Bildungssprecherin Petra Tanzer bekräftigte den Ansatz. Immerhin verzichte man ja auch in Finnland und Schweden auf Ziffernnoten zur Leistungsbeurteilung, und die seien PISA-Vorzeigeländer. Würde sich ein Kind mit dem anderen vergleichen müssen, so hätte dies negative Auswirkungen auf den Lernerfolg. Ziffernnoten seien, so Tanzer, extrem demotivierend für Kinder und würden zudem nicht Erfolge, sondern Fehler messen. Sie ließ offen, wie eine gerechte, objektive und vor allem vergleichbare Beurteilung von Leistung und Lernerfolg aussehen könnte.

Noten bleiben
Das Bildungsministerium indes winkte ab: Umgehend hielt Minister Martin Polaschek fest, dass es auch weiterhin Ziffernnoten geben werde. Sie seien ein bewährtes Instrument zur Leistungsbeurteilung, mehr noch: Um Leistung gehe es ja nicht nur in der Schule, sondern auch in der Wirtschaft und auch im alltäglichen Leben. In einem Interview mit der Kronen Zeitung legte er ein klares Bekenntnis zum Leistungsgedanken in der Schuler ab: Wir müssen schon auch hervorheben, dass es wichtig ist, Leistung zu bringen. Wir haben leider Kinder, die ohne Grundkompetenzen die Schule verlassen. Immer mehr Betriebe klagen darüber, dass die Schulabsolventen nicht schreiben, lesen und rechnen können. Ich bin sehr dafür, diese Grundkenntnisse wieder einzufordern im Sinne der Gesellschaft und im Sinne dieser jungen Menschen selbst. Damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können. Ohnehin besteht eine Verpflichtung zur Beurteilung mit Ziffernnoten erst ab dem zweiten Semester der zweiten Schulstufe. Bis dahin entscheiden die Schulstandorte autonom darüber, welches Beurteilungssystem angewandt wird.

Deutschlands Linke will Lernen ohne Angst
Die Diskussion darüber ist übrigens kein rein österreichisches Phänomen. Auch in Deutschland werden immer wieder Stimmen laut, die die Leistungsbeurteilung via Noten ganz abschaffen wollen. Das Schulsystem dort steckt laut Der Spiegel in einer Misere. Die Linke nimmt das zum Anlass, umfangreiche Forderungen zu stellen: Neben einem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen sollen, geht es nach der Linkspartei-Parteivorsitzenden Janine Wissler, auch die Noten abgeschafft werden. Lernen ohne Druck und Angst soll möglich werden, in dem man Hausaufgaben, Sitzenbleiben und Schulnoten abschafft. Tatsächlich fordert man, verglichen mit manchen asiatischen Kulturen, hierzulande selbst mit Notengebung schulische Leistung eher lasch ein. In Ländern wir Singapur, Japan, China oder Korea gelten völlig andere Standards. Schüler stehen dort unter einem enormen Leistungsdruck, was sich in deutlich ausgeprägteren Fähigkeiten etwa in Mathematik ausdrückt. Der Leistungsdruck, der in den Klassenzimmern herrscht, ist eine Vorbereitung auf eine Arbeitsethik und Leistungsmentalität, die sich von unserer Work-Life-Balance-Mentalität fundamental unterscheidet. Das hat jedoch seinen Preis: Hohe Suizidraten und mentale Störungen stellen ein echtes Problem dar.

Fußball ohne Tabelle
Diese Sorgen haben wir nicht. Ganz im Gegenteil: Situationen, in denen Kinder irgendeiner Form von Leistungsdruck oder Konkurrenz ausgesetzt sind, gelten zunehmend als politisch inkorrekt. Die Idee, dass Leistung wertvoller sei, wenn sie nicht durch Beurteilung, Messung oder Ähnliches vergleichbar werde, macht auch vor dem Sport nicht halt. So hatte sich der ÖFB jüngst dazu entschlossen, im Zuge mehrerer Maßnahmen im Kinderfußball die Tabellen bis inklusive U12 abzuschaffen – ein Vorstoß, der nicht überall auf ungeteilte Gegenliebe stieß. Während ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel die Maßnahme damit verteidigte, dass die Kinder mehr Spaß am Fußball hätten und mehr Tore und Ballkontakte hätten, wenn sie nicht unter Leistungsdruck stünden, brachte Teamchef Ralf Rangnick sein Unverständnis darüber mehrfach zum Ausdruck. Es geht darum, zu gewinnen. Das muss im Fußball immer im Vordergrund stehen, meinte er.

Wettkampfsituation: Gefahr für Kinder
Es den Kindern so angenehm wie möglich zu machen, das ist auch in Deutschland Thema. Dort gelangte man zur Erkenntnis, dass immer dann, wenn in einem Wettbewerb jemand gewinnt, auch jemand verlieren muss – und das fand das deutsche Familienministerium nicht gut. Die Zumutung des Verlierens wurde also zur Diskussion gestellt, mit dem Ergebnis, dass die deutschen Bundesjugendspiele für Grundschüler nun keinen Wettkampfcharakter mehr haben. Tabellen und Punkte gibt es nicht mehr, nicht mehr das Gewinnen steht im Vordergrund, sondern, richtig, Spaß und die Freude an der Bewegung. Der Druck vergälle den meisten Schülern den Sport, lautete die Annahme. Die Sichtbarkeit der Limitierung des einen durch allzu großen Ehrgeiz des anderen stünde dem Kindeswohl entgegen. Woraufhin die Zeit konstatierte, Deutschland würde unter einer Leistungsallergie leiden: Wer Eliten und Exzellenz das Wort redet, mache sich verdächtig.

Gen-Z-Arbeitsethos als große Unbekannte
Das gilt natürlich nicht nur für Deutschland und natürlich nicht nur im Sport. In Österreich beherrscht die Diskussion um das Erbringen von Leistung in und für die Gesellschaft auf mehreren Ebenen den politischen Diskurs. Das beginnt beim Arbeitsethos. Im Fokus der Kritik steht hier die Gen Z, der man nachsagt, sich vom Leistungsgedanken nahezu vollständig verabschiedet zu haben. Was zum Problem werden könnte, denn die Gen Z wird in den nächsten Jahren die zahlenmäßig größte Generation auf der Welt, die Millennials, vollständig verdrängen. Individuelle Bedürfnisse und Selbstentfaltung werden von dieser Generation deutlich höher gewichtet als Ehrgeiz, Arbeitswillen, kurz Leistung. Die aktuelle Diskussion um die 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich – ein Lockmittel der Sozialdemokratie Babler´scher Prägung – mag dem Arbeitsethos der Gen Z entgegenkommen. Die Wirtschaft kann dieser Idee begreiflicherweise nichts abgewinnen.

32-Stunden-Woche: Weniger zum Umverteilen
Während Andreas Babler und Konsorten dem gemeinen Arbeiter und Angestellten pro Woche acht Stunden weniger Leistung zumuten wollen, verdichtet sich Unternehmertum zum nackten Kampf ums Überleben. Die einen rechtfertigen also ihren geplanten Leistungsverzicht etwas vage mit gestiegener Produktivität, die anderen sind damit beschäftigt, das System trotz Inflation, Energiekosten, gewaltigen KV-Abschlüssen etc. am Leben zu erhalten. Die 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich sei schlicht nicht finanzierbar, wie Agenda Austria-Ökonom Dénes Kucsera darlegt: Freizeit ist wie Geld Teil unseres Wohlstands. Es ist legitim, mehr Freizeit zu wollen, das geht dauerhaft aber nur durch den Verzicht auf Geld. Das wiederum hat Konsequenzen für unser Sozialsystem. Arbeiten Leistungsstärkere weniger, bleibt auch weniger für die Leistungsschwächeren. Eine 32-Stunden-Woche würde im derzeitigen Inflationsumfeld die Arbeitskosten der Unternehmen binnen drei Jahren um die Hälfte steigen lassen. Um das abzufedern, müsste die Produktivität auf einen Schlag so stark steigen wie in den letzten 20 Jahren zusammengenommen.

An leistungsloses Einkommen gewöhnt
In einem Land wie Österreich, in dem die Kapitaldecke der Unternehmer ohnehin unterdurchschnittlich ist, ist Leistungswille ein essenzieller Bestandteil der Wirtschaft. Das zeigt sich sehr deutlich, wenn man die Folgen der Pandemie betrachtet: Unternehmer, die sich in den Jahren der Pandemie an leistungsloses Einkommen durch die zahlreichen, überdimensionierten Coronahilfen gewöhnt hatten, wurden ziemlich harsch in die Wirklichkeit zurückgestoßen. Die Insolvenzstatistiken sprechen Bände: Während der Pandemie wiesen sie einen Rückgang der Pleiten um bis zu 60 Prozent aus. Im Jahr 2022 stiegen sie rasant an: 4.775 Unternehmen (+ 57,4 % gegenüber 2021) waren von einer Insolvenz betroffen, womit das Niveau von 2019 fast erreicht war. Abseits der Insolvenzen gab es 50.000 Geschäftsschließungen, ein großer Teil davon ist ebenfalls auf die Pandemie zurückzuführen. Häufig lief das Geschäft schon vor der Corona-Krise wenig erfolgreich. Während der Pandemie wurde dann versucht, sich mit finanzieller Unterstützung über Wasser zu halten. Und jetzt, wo die staatlichen Hilfsgelder ausbleiben, geht es sich für viele Betriebe einfach nicht mehr aus, erklärt Mag. Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding AG.

Unbestritten hat die Pandemie einen guten Teil der Österreicher in ihrer Voll kasko-Mentalität bestärkt: Bereits 2021 monierte Agenda Austria-Chef Franz Schellhorn in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung, dass man zu großzügig mit den Hilfsgeldern gewesen sei: Wir geben der Bevölkerung das Gefühl, dass es ohne beziehungsweise mit viel weniger Arbeit auch geht. Das ist eine Illusion und wird nicht funktionieren. Tatsächlich scheint die Haltung, der Staat solle jedes Risiko abdecken, während sich die eigene Leistung dafür in engen Grenzen halten dürfe, immer stärker zutage zu treten.

Sozialstaat setzt Leistungsträger voraus
221,7 Mrd. Euro nahm der Staat allein im vergangenen Jahr ein, 236,0 Mrd. Euro gab er aus, für 2023 werden noch höhere Einnahmen prognostiziert. Über 60 Milliarden Euro lukrierte der Staat alleine aus Einkommensteuern. Das Geld der Leistungsbereiten braucht der Sozialstaat Österreich dringend, denn im Umverteilen ist er Weltmeister. Die Abgabenquote (Steuern und Sozialbeiträge der Bevölkerung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt) betrug 43,5 Prozent, die Sozialquote (Anteil der Ausgaben für Soziales am Bruttoinlandsprodukt) 30,5 Prozent. In absoluten Zahlen: 136,1 Milliarden Euro wurden umverteilt. Ein großer Teil ging an jene, die dafür keine direkte Leistung (mehr) erbringen müssen: Arbeitslose etwa, Pensionisten, Mindestsicherungsempfänger und andere Personengruppen. Sie haben sich dieses leistungslose Einkommen entweder verdient oder brauchen es dringend, weil ihre grundsätzliche Leistungsbereitschaft aus verschiedenen Gründen am Arbeitsmarkt nicht abgerufen wird. Derweil träumen immer mehr Menschen von einem Erwerbsleben völlig ohne Leistung: Eine vielbesprochene Utopie ist das bedingungslose Grundeinkommen. Tatsächlich wurde ein Konzept zur leistungslosen Absicherung vergangenes Jahr ernsthaft diskutiert. 168.981 Personen unterschrieben ein entsprechendes Volksbegehren, das 1.200 Euro Grundsicherung für jeden Österreicher als Verfassungsgesetz wollte. Da mehr als 100.000 Unterschriften zusammengekommen waren, musste das Volksbegehren zumindest im Parlament besprochen werden. In einer Zeit, in der erwerbbringende Arbeit nicht mehr staatlich zu gewährleisten ist und immer mehr Menschen, statt aus Lohnabhängigkeit befreit, in unwürdige soziale und wirtschaftliche Abhängigkeiten getrieben werden (Mindestsicherung), hätte so jeder Mensch ein Einkommen, auch wenn er durch die Automatisierung und Rationalisierung in Produktion und Verwaltung aus der Arbeit entlassen wird, heißt es in der Begründung zum Volksbegehren. Und wenngleich auch keine der Parlamentsparteien sich dazu durchringen konnte, den Antrag zu unterstützen – die WKO errechnete Kosten in Höhe von 108 Milliarden Euro –, ist es noch lange nicht vom Tisch.

Fazitthema Fazit 196 (Oktober 2023), Foto: Timon Studler/Unsplash

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