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Die echte Arztseife

| 10. Januar 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 199, Fazitbegegnung

Foto: Andreas Pankarter

Über ein Förderprogramm der Stadt Graz sind seit einem Jahr in der Franziskanergasse sogenannte »Pop-up-Stores« entstanden. Eines davon, das noch Bestand hat, ist das Seifengeschäft »Dr. Banfai«. Der zwölf Quadratmeter kleine Laden ist in mehrerlei Hinsicht interessant. Da sind einmal die handgerührten Naturseifen – jedes Stück von archaisch-wilder Schönheit, gewissermaßen »Stückkunst«, zugleich natürlich ein Kunststück und appetitlich wie Marzipankuchen.

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Junggebliebene Gemüter und Freunde der Einfachheit sehen sich wieder darin bestätigt, wie überflüssig Flüssigseife ist. Dass Einfachheit – laut Schiller – das Resultat von Reife sei, bekommt hier eine weitere Bedeutung: Seife benötigt eine 40-bis 50-tägige Reifezeit, bevor sie gebrauchsfertig ist. Das und noch viel mehr erklärt die überaus interessante Person hinter der Seife: Katja Banfai, eine gelernte Ärztin. Dieser Umstand schafft schon grundsätzlich Vertrauen, noch mehr aber weckt er Interesse.

Natürlich ist ihre Geschichte höchst persönlich und zu lang und zu komplex für eine Zeitungsseite. Aber im wesentlichen ist sie Ausdruck dafür, dass man nicht unbedingt dort weitermachen muss, wo man sich nicht wohlfühlt, nur weil es andere von einem erwarten. Katja Banfai hat ihr Glück im Seifenmachen gefunden und das ist gut so; für sie selbst, für ihre Kundinnen und Kunden und – wenn sie Glück haben und verstehen und vielleicht den Kleinen Prinzen gelesen haben (»Man sieht nur mit dem Herzen gut«) – auch für die, die zuvor ihrer eigenen Erwartungshaltung zuviel Raum gegeben haben. Auf ihrem Weg, Fachärztin für Psychatrie zu werden, wurde ihr im Sinne der eigenen Psychohygiene klar: »Das ist nicht der Beruf, den ich ein ganzes Leben machen möchte.« Mit Naturkosmetik hatte sie sich schon lange beschäftigt, als sie zufällig in einem Seifenkurs landete. Sie merkte schnell, dass die dort von ihr selbst hergestellte rückfettende Seife ihrer Haut guttat: »Sie war nicht mehr so trocken und ich musste mich nicht mehr ständig eincremen. Das war mein Schlüsselmoment zum Weitermachen.« Zuerst war es nur ein Hobby, aber je mehr Rezepturen sie erfand, desto klarer erkannte sie ihren Weg und meldete 2015 das Gewerbe als Kosmetikherstellerin an. Die »Erzeugung kosmetischer Artikel« war damals ein reglementiertes Gewerbe und ein abgeschlossenes Chemie-, Pharmazie- oder Medizinstudium beziehungsweise eine Kosmetikausbildung Voraussetzung. Heute ist es ein freies Gewerbe, was das Geschäft nicht leichter macht, weil es seitdem wesentlich mehr Mitbewerber gibt. Zu ihrem Glück hat Katja Banfai aber von Anfang an ein gutes Netzwerk und nachhaltige Kooperationen aufgebaut und vertreibt ihre Ware nicht nur im eigenen Geschäft, sondern auch im »‚s Fachl« (dreimal in Graz), in der »Stadt Apotheke Graz« am Hauptplatz, bei »Chic Ethik« am Tummelplatz, bei »Wilde Genüsse« am Kaiser-Josef-Platz und in Knittelfeld im »Weltladen«.

Am Stadtrand von Graz betreibt sie ihre Werkstatt mit Labor, Lager und Büro unter strengen Auflagen und Bedingungen gemäß EU-Kosmetikverordnung, denn Seife wird wie ein Lebensmittel gehandhabt. Die Herstellung von Seife beruht grundsätzlich auf einer Mixtur von Lauge und Öl. Mit Wasser und Natriumhydroxid, das für die Verseifung benötigt wird, entsteht die Lauge, das nicht erhitzte Öl kommt wahlweise aus der Olive, Kokosnuss, Sonnenblume oder etwa dem Raps, auf Palmöl wird verzichtet. Banfai legt Wert auf die auschließliche Verwendung von biologischen, nachhaltigen Produkten und Zutaten ohne chemische Konservierungsmittel oder synthetische Füllstoffe. Bevor sie die Seifenmasse in eine Form gießt, kommen je nach Rezeptur ätherische Öle und spezielle Mineralien für die Farbe hinzu. Eine eigene Kunst ist die Rührtechnik, durch die die verschiedenen Muster entstehen. Nach 24 bis 48 Stunden Verseifungsprozess wird der Block zu einzelnen Seifenstücken aufgeschnitten und zumeist mit einem der vielen Stempel versehen. So entstehen eingangs erwähnte Kunststücke mit Namen wie »Coffee&Spice«, »Christmas Dream« mit Orange und Zimt oder Seifen mit Ringelblume, Zirbe, Kokos oder wie »Happy« mit Ylang-Ylang (ein Flaschenbaumgewächs) und Zitronengras, eine eigene Haarseife, eine Rasierseife oder eine Hundeseife mit Neemöl (gegen Zecken), aber auch Körpercreme, Lippenpflege oder ein Graz-Parfüm – Grenzen gibt es keine, unnötigen Verpackungsmüll übrigens auch nicht. Dafür viele Anlässe zum Schenken, aber auch viel Zubehör wie zum Beispiel Luffagurkenscheiben als Seifenablage. Was allen Produkten von Dr. Banfai dem Geist der Zeit folgend noch eigen ist – alle sind sie auch vegan: »Bis auf die Honig-Schafmilchseife, die besteht dafür aus regionalen Zutaten.«

Dr. med. Katja Banfai wurde am 23. August 1979 in Graz geboren, der Vater war Versicherungsangestellter, die Mutter Kindergärtnerin. Sie maturierte im Sacre Coeur und studierte in Graz Medizin. Mit 35 Jahren änderte sie komplett die Richtung und produziert seither Naturseifen. Wichtig ist für sie noch das Laufen in der Natur und ihre Katze.

Fazitbegegnung, Fazit 199 (Jänner 2024) – Foto: Andreas Pankarter

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