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Politicks Jänner 2024

| 10. Januar 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 199, Politicks

FPÖ Steiermark: Kann Mario Kunasek den Grazer-FPÖ-Finanzskandal abwettern?
Geht es nach den Umfragen, muss sich die steirische FPÖ mit Mario Kunasek an ihrer Spitze bisher kaum Sorgen wegen der Finanzaffäre der Grazer FPÖ machen. Die Steirer-FPÖ profitiert vom Umfragehoch der Bundes-FPÖ und lag zuletzt Kopf an Kopf mit der steirischen ÖVP und der SPÖ. Die 1,8 Millionen Euro Steuergeld, die als FPÖ-Klubfördermittel widerrechtlich an Vereine und Burschenschaften weitergeleitet worden und von dort unter anderem in die Taschen von Ex-Obmann Mario Eustacchio und Ex-Klubobmann Armin Sippel gewandert sein sollen, sind kein Thema, das der Partei in der Wählergunst nachhaltig schadet. Daran hat sich auch nichts geändert, als die Staatsanwaltschaft Klagenfurt im April 2023 einen Auslieferungsantrag für Mario Kunasek an den steirischen Landtag stellte. Darin werden Kunasek Beweismittelunterdrückung und Falschaussage vorgeworfen. Auch einige auf einer dubiosen anonymen Anzeige beruhende Zeitungsberichte, in denen Kunasek die Finanzierung seines Eigenheims auf Parteikosten vorgeworfen wird, sind bisher von der FPÖ abgeprallt.

FPÖ Graz: Bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt geht endlich etwas weiter
Nachdem sich die Grazer Staatsanwaltschaft in der Causa befangen fühlte und den Fall an die Staatsanwaltschaft Klagenfurt weitergereicht hatte, durfte man eigentlich auf die rasche Klärung der Vorwürfe hoffen. Doch die Komplexität von Wirtschaftsangelegenheiten lässt die Staatsanwälte bekanntlich in ein Schneckentempo verfallen. Außer einigen Hausdurchsuchungen im Herbst 2022 und der Aufnahme von Mario Kunasek in die Liste der Beschuldigten im Frühjahr 2023 tat sich daher nicht viel. Doch das hat sich nun geändert. Nach parlamentarischem Druck der Neos ist die Klagenfurter Staatsanwaltschaft nun aktiv geworden. Vor wenigen Wochen wurden daher ein zweiter Staatsanwalt sowie ein Datenforensiker mit der Angelegenheit betraut. Dass es durchaus Druck von oben gegeben habe, bestätigte übrigens der Sprecher der Klagenfurter Staatsanwaltschaft, Markus Kitz, gegenüber der Zeitung Der Standard.

Besondere Brisanz erhält die Causa nun jedoch durch das Gutachten des von der Staatsanwaltschaft beauftragten Wirtschaftsprüfers Ingo Gruss: Bereits im Jahr 2021 hat der ehemalige FPÖ-Klubdirektor Matthias Eder in einer Selbstanzeige gestanden, als Einzeltäter, über mehrere Jahre hinweg, an die 700.000 Euro vom FP-Klub für sich selbst abgezweigt zu haben. Zur Wiedergutmachung hat Eder nach Angaben seines Anwalts 710.000 Euro bei der Justiz hinterlegt. Natürlich fragen sich seit damals nicht nur die Medien, ob Eder mit seiner Selbstanzeige vielleicht mehr als nur tätige Reue zeigen wollte und sich für seine Partei opfern ließ, um den Druck auf die anderen Beschuldigten abzumildern. Beweisen ließen sich diese Vorwürfe bisher nicht, denn angeblich wurden sämtliche Belege in der FPÖ-Buchhaltung vernichtet.

Doch Wirtschaftsprüfer Gruss stellt nun fest, dass Eder kein Einzeltäter gewesen sein könne, weil ja für jede Abhebung von den betroffenen Bankkonten ein zweiter Unterzeichner notwendig gewesen sei. Und neben Eder waren auch Eustacchio und Sippel zeichnungsberechtigt. Gruss attestiert den Beschuldigten zudem ein hohes Maß an Verschleierungsenergie. So habe Mario Eustacchio jährlich etwa 50.000 Euro für politische Arbeit und Repräsentationszwecke erhalten, obwohl er dafür auch von der Stadt Graz Verfügungsmittel bezogen habe. Gruss spricht von etwa 310.000 Euro, die direkt an Eustacchio geflossen seien. Ex-Klubobmann Armin Sippel rechnet der Wirtschaftsprüfer etwa 89.000 Euro zu. Gruss kommt in seinem Gutachten daher zum Schluss, dass ein Großteil der Mittel, die der FPÖ Graz und dem FPÖ-Gemeinderats-club Graz zur Verfügung standen, nicht entsprechend dem im Parteiengesetz definierten Zweck verwendet wurde, sondern für private Zwecke.

EU-Kommission: Kommt Draghi?
Spektakuläre Pläne für eine Rochade an der Spitze Europas werden von der italienischen Zeitung la Republica kolportiert. Demnach soll der ehemalige Ex-EZB-Chef und Ex-Ministerpräsident von Italien, Mario Draghi, auf Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron noch vor der EU-Wahl im Juni EU-Kommissionspräsident werden. Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sei bereits auf Linie. Ursula von der Leyen soll hingegen zur NATO wechseln.
Draghi hat mit seinem Whatever it takes-Sager im Zuge der der Finanz- und Schuldenkrise im Jahr 2012 tatsächlich Wort gehalten. Er hat damals angekündigt, dass die EZB alles Notwendige tun werde, um den Euro zu erhalten. Und für jene, die immer noch skeptisch waren, fügte er hinzu: And believe me, it will be enough!

Vor wenigen Wochen warnte Draghi vor einer dramatischen wirtschaftlichen Zukunft der Eurozone. Als Grund für die Rezession führte Draghi die niedrige Produktivität der Eurozone, die hohen Energiekosten und den Mangel an Fachkräften an. Außerdem habe Europa in den vergangenen 20 Jahren gegenüber den USA, China, Südkorea und Japan an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Mit Mario Draghi würde die EU endlich wieder einen Staatsmann der ersten Garnitur an die Spitze bekommen. Anders als Von der Leyen hätte Draghi keine Probleme damit, sich gegenüber den vielen Egoisten im Rat zu behaupten. Die EU könnte endlich wieder mehr sein als der kleinste gemeinsame Nenner von Kleingeistern. Draghi wäre womöglich auch in der Lage, der EU das verlorene Selbstbewusstsein zurückzugeben, indem er ein Europa definiert, das sich zu seinen wirtschaftlichen Stärken bekennt. Konservative und Sozialdemokraten bewerten eine mögliche Kandidatur von  Supermario Draghi übrigens als Kampfansage des Establishments an die drohende rechtspopulistische Wende nach den EU-Wahlen.

ÖVP und Grüne wollen Mieterhöhungen auf 2,5 Prozent deckeln
Die Regierung plant einen Eingriff in nicht frei vereinbarte Mietverhältnisse. Sie will die Mieterhöhungen bei geregelten Mietverhältnissen, also bei Genossenschaftswohnungen, Kategorie- und Richtwertmieten – unabhängig von der Inflation auf 2,5 Prozent pro Jahr deckeln. Für 2024 entfallen außerdem die indexbedingten Erhöhungen der Kategoriemieten. Damit werden Bestandsmieter wieder einmal deutlich privilegiert. Außerdem ist klar, dass der Mietpreisdeckel die Immobilien entwertet. Notwendige Investitionen, wie die thermische Sanierung, rechnen sich dadurch erst in längeren Zeiträumen oder werden möglicherweise sogar unfinanzierbar. Ab 2027 soll außerdem ein neues Valorisierungssystem gelten. Für die Mietzinserhöhungen darf dann nicht mehr die Vorjahresinflation herangezogen werden , sondern der Mittelwert der Teuerung der vergangenen drei Jahre. Den Vermietern von Neubauwohnungen blieb der Deckel übrigens nur deswegen erspart, weil es im Nationalrat nicht für eine aus Sicht der ÖVP notwendige Zweidrittelmehrheit reichte.

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Politicks, Fazit 199 (Jänner 2024)

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