Unaufgeregt rechts
Redaktion | 13. Mai 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 202, Fazitgespräch
Wenn im Herbst die Landtagswahl geschlagen wird, ist der FPÖ-Klubobmann Mario Kunasek einer von drei aussichtsreichen Spitzenkandidaten. Wir haben ihn gefragt, was er glaubt, besser zu können als seine Gegner.
Das Gespräch führten Johannes Roth und Johannes Tandl.
Fotos von Marija Kanizaj.
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Als bekennender Rechtskonservativer ist Mario Kunasek Kummer gewohnt. Tatsächlich hat er in seiner Karriere bisher einige Höhen und Tiefen durchlaufen. Als Verteidigungsminister war er ab 2017 Teil der türkis-blauen Bundesregierung und auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere – bis dann Ibiza kam.
Von einem Tag auf den anderen räumte der ehemalige Unteroffizier sein Büro, aus Loyalität zu Parteiobmann Herbert Kickl, der zum Rücktritt als Innenminister gezwungen worden war. Somit kehrte er der Bundespolitik zum zweiten Mal in seinem Leben den Rücken. Schon einmal, nämlich 2015, kehrte er aus Wien in den steirischen Klub zurück, damals nach siebenjähriger Tätigkeit im Nationalrat. Als Minister ersparte man auch ihm weder einen Auftritt als Auskunftsperson im Eurofighter-Untersuchungsausschuss noch Ermittlungen der WKStA wegen vermeintlichen Postenschachers, die ergebnislos wieder eingestellt wurden.
Jetzt sieht er sich wieder im Kreuzfeuer der Kritik. Die Finanzaffäre, die ursprünglich nur Thema der Grazer Stadtpolitik war, hat nun auch ihn mit strafrechtlich relevanten Vorwürfen erreicht. Dass das ausgerechnet im Superwahljahr 2024 zufällig passiert, das will man nicht nur in der FPÖ nicht so recht glauben. Der blaue Spitzenkandidat selbst lässt sich davon allerdings nicht beirren; er geht mit typischen FPÖ-Positionen ins Rennen, die er aber deutlich weniger aggressiv vertritt, als man es von anderen Blauen gewohnt ist.
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Herr Klubobmann, Sie sind Spitzenkandidat für die FPÖ bei der Landtagswahl im Herbst. Worin sehen Sie die größten Herausforderungen für die Steiermark nach der Wahl?
Also ganz vorne stehen die Probleme in der Gesundheitspolitik. Wir wissen ja, welche Probleme die Steiermark diesbezüglich hat. Und wir haben die Diskussion um das Leitspital in Liezen. Das wird wahrscheinlich noch vor der Wahl irgendwie akut werden. Ebenfalls ein Riesenthema – und das ist eigentlich das freiheitliche Kernthema und auch DNA unserer Partei – ist die Zuwanderung. Damit einhergehend auch die Probleme im Bereich der Kriminalität, und speziell der Jugendkriminalität. Zwar gab es jetzt einen Sicherheitsgipfel des Landeshauptmannes, bei dem zumindest einmal auch ein Umdenken erkennbar war. Aber wir warnen ja schon länger davor. Endlich hat auch der Landeshauptmann das Thema für sich erkannt. Aber da gibt es noch unzählige weitere Probleme: Neben dem Erhalt des Wirtschaftsstandortes Steiermark sind das alle Bereiche der Infrastruktur. Was die Situation von Graz anlangt, darf man sich auch nichts vormachen – selbst wenn gerade keine Gemeinderatswahl ansteht. Graz ist extrem wichtig für die Qualität der Steiermark als Wirtschaftsstandort. Und die jetzt tätige Stadtregierung hat aus meiner Sicht bewiesen, dass sie das eben nicht kann; nämlich die Stadt als Standort attraktiv zu halten.
Graz hat aber nur bedingt mit der kommenden Wahl zu tun. Wollen Sie nicht Landesthemen in den Mittelpunkt Ihres Wahlkampfes stellen?
Auch bei klassischen Landesthemen geht uns die Arbeit sicherlich nicht aus. Die kann uns auch deshalb nicht ausgehen, weil uns gerade viele Entscheidungen bzw. Nichtentscheidungen der Vergangenheit einholen. Im Bereich des Budgets zum Beispiel: Wir sind aufgrund der Politik der letzten Jahre in den Handlungsspielräumen massiv eingeengt. Die größere Frage nach der Wahl wird wohl sein, wer das alles in Angriff nimmt und mit wem. Denn dass es etwas zu tun gibt – da sind wir uns einig.
Der Landeshauptmann wird ja manches ähnlich sehen wie Sie, in der Frage des von Ihnen angesprochenen Leitspitals in Liezen unterscheiden Sie sich aber deutlich …
Ja. Da fließen jetzt schon massiv Gelder hin. Die einen gehen davon aus, dass es bis zur Landtagswahl einen Spatenstich gibt. Dann gibt es aber welche, die sagen, es ginge sich nie aus. Jedenfalls stellt sich für mich nach der Wahl die Frage: Was machst du dann mit diesem begonnenen Projekt? Deshalb wäre unser Ansatz auch gewesen – unabhängig davon, dass sich die Mehrheitsbevölkerung dagegen ausgesprochen hat –, die Stopptaste zu drücken und das Leitspital neu zu evaluieren. Darum war es für uns schon vor der Landtagswahl 2019 so wichtig, diesbezüglich einen einstimmigen Beschluss zu fassen. Und er wurde tatsächlich einstimmig gefasst, nur hat man sich nach der Wahl daran nicht mehr erinnern können. Inzwischen sind wieder fünf Jahre vergangen.
Warum sind die drei bestehenden Krankenhäuser, die so niedrige Fallzahlen haben, dass Sie dort kaum mehr Turnusärzte ausbilden lassen wollen, besser als ein modernes, neues leistungsfähiges Klinikum?
Es gibt da zwei Sichtweisen. Die Sichtweise des Landesrats und weiterer Teile der Landesregierung ist: Ein neues Haus ist automatisch ein attraktiver Standort mit attraktiven Arbeitsplätzen und mit Medizin am neuesten Stand der Wissenschaft. Aber dieses Argument kann ich nicht verstehen. Es wird ja hoffentlich auch in den bestehenden Krankenhäusern medizinisch nach dem letzten Stand der Wissenschaft gearbeitet. Die andere Sichtweise ist die, dass wir ja jetzt schon einen Ärztemangel haben und sich dieser durch das Leitspital verschärfen wird. Mit dem Leitspital müssten noch mehr Ärzte in den peripheren Bereichen arbeiten. Nach dem Motto, wurscht, wo ich das neue Krankenhaus hinstelle, die Ärzte kommen sowieso. Aber die Obersteiermark, ist, wie man weiß, nicht die kleinste Region – weit weg von der Landeshauptstadt. Da muss man sich die Frage stellen, ob diese Milchmädchenrechnung so aufgehen kann. Auch aus dem Bericht des Landesrechnungshofes zum Thema Ärztemangel geht klar hervor, dass es, je weiter man von den zentralen Gebieten wie Graz wegkommt, umso schwieriger wird, dort Ärzte und medizinisches Personal hinzubekommen. Ob sich im Leitspital ein ausreichender Personalstand erreichen lässt, kann ich nicht beurteilen. Das müsste die Kages [Anmerkung: Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft] wissen.
Die Kages ist ja für das Leitspital.
Na ja, weil es eine politische Entscheidung ist. Aber man muss schon auch bedenken, dass wir dann nur mehr einen großen Standort statt drei kleinen haben werden. Liezen ist ein riesiger Bezirk – so groß wie Vorarlberg. Man kann dort eben nicht uneingeschränkt mit dem Hubschrauber fliegen, oftmals ist das wetterbedingt gar nicht möglich – es spricht also schon alleine aus geografischer Hinsicht einiges gegen das Leitspital. Außerdem sind zwei der bestehenden drei Krankenhäuser noch gar nicht so alt. Was passiert mit denen? Warum ist man nicht ernsthaft den Weg gegangen, es mit Spezialisierungen an den drei bestehenden Standorten zu versuchen. Es gibt also viele, viele Fragezeichen um die Sinnhaftigkeit des Leitspitals. Und die wichtigste Frage ist ebenfalls unbeantwortet. Nämlich die, ob wir überhaupt das Geld dafür haben.
Wenn wir schon beim Geld sind, sprechen wir über den Elefanten im Raum! Es gibt ja immer wieder neue Berichte zur Finanzaffäre um die FPÖ Graz, beziehungsweise um Ihren Hausbau. Die besagen, dass Teile Ihres Hauses mit Geld aus der Partei errichtet worden sein sollen. Wie sehr belastet Sie diese Diskussion?
Ich glaube, da muss man unterscheiden zwischen der politischen Belastung und der persönlichen Belastung. Die politische Belastung ist enden wollend groß. Wir liegen in den Umfragen immer noch sehr gut stabil zwischen 23 und 26 Prozent und verändern uns auch weiter ins Positive. Aber natürlich belastet es mich persönlich, wenn ich mit anonyme Anzeigen ohne reellen Hintergrund angeschüttet werde.
Diese Affäre hat der FPÖ also nicht geschadet?
Nein, so gesehen nicht. Man kann sich aber natürlich auch fragen, wo wir ohne die ganze Geschichte wären? Also das ist ja in den Umfragen nicht darstellbar. Womöglich ist die Anzeige gegen mich tatsächlich bis zu einem gewissen Grad ein gewisser Hemmschuh. Ich glaube, ohne diese Geschichte, wenn man sozusagen nur die politische Bühne hätte, ohne diese juristische Bühne, würden wir uns wahrscheinlich vielleicht sogar am Level des Jahres 2015 bewegen. Damals waren wir bei etwa 27 Prozent.
Aber nicht einmal Ibiza hat der FPÖ langfristig geschadet …
… Ibiza nicht, aber die Spesenaffäre [Anmerkung: das Spesenkonto von H.C. Strache] hat uns sowohl in der Wahlauseinandersetzung bei der Nationalratswahl als auch bei der Landtagswahl 2019 massiv geschadet. Wir haben uns aber rasch wieder erholt. Auf politischer Ebene sind diese Vorwürfe gegen mich angesichts der drohenden ÖVP-Verluste ja noch einigermaßen nachvollziehbar. Persönlich, privat, ärgert es mich nicht nur, sondern das ganze ist für mich, für meine Frau, ja für die ganze Familie, mehr als unangenehm.
Würden Sie das Klima zwischen der steirischen FPÖ und der steirischen ÖVP als vergiftet bezeichnen?
Seit einigen Wochen, ja!
Das Superwahljahr 2024 wird auf Bundesebene von Emotionen und gegenseitigen Anschuldigungen beherrscht. Wird im politischen Kontext generell allzu leichtfertig mit strafrechtlich relevanten Vorwürfen gearbeitet?
Ja, ebenfalls ein eindeutiges Ja. Leider ist das eine Entwicklung, die sich in den letzten Jahren massiv verstärkt hat. Ich bin seit 2008 Abgeordneter und habe in meinem Leben alle möglichen Funktionen durchlaufen. Bis 2019 habe ich mich kein einziges Mal mit juristischen Vorwürfen – in keinem Bereich, in keiner Form – auseinander setzen müssen. Dann bin ich Minister geworden. Und heute bin ich FPÖ-Spitzenkandidat mit guten Umfragewerten – und mir wird unterstellt, ich sei kriminell. Natürlich tut das weh. Mir persönlich widerstrebt diese Art von Politik. Das wird’s von mir nie geben, nämlich mit strafrechtlich relevanten Vorwürfen gegen andere Parteien vorzugehen. Und ich werde schon gar keine anonymen Anzeigen lancieren. So etwas hat in der Politik nichts verloren. Aber natürlich muss mich ich gegen diese Vorwürfe wehren.
Als ein Problem werden von vielen die ausufernden U-Ausschüsse gesehen: Sie seien reine Wahlkampfinstrumenten geworden …
… auch diese Entwicklung ist nicht gut. Ich war selbst einmal als Auskunftsperson in einem Untersuchungsausschuss – zum Thema Eurofighter, damals als Minister. Ich kenne den Umgangston dort und der ist nicht gut. Ich will jetzt nicht alle über einen Kamm scheren, ich war nur bei einem U-Ausschuss mit dabei, aber was ich da erlebt habe, läuft auf Folgendes hinaus. Es geht da nicht um Aufklären oder, wie es so schön heißt, um die politische Verantwortung, sondern es geht nur mehr darum, die politischen Gegner am Nasenring durch die Manege zu ziehen und möglichst schlecht ausschauen zu lassen. Und das geht so nicht!
Wie könnte man das Instrument des U-Ausschusses so reformieren, dass ein U-Ausschuss wieder seiner ursprünglichen Aufgabe gerecht werden kann?
Ich bin kein Geschäftsordnungsexperte und schon gar kein Verfassungsjurist. Die Frage wird sein, kann man das überhaupt? Jedenfalls hat dieses Instrument Reformbedarf. Das ist in Wahrheit eine Lose-Lose-Situation. Die derzeitigen U-Ausschüsse sind schlecht für das Parlament, weil der Eindruck entsteht, dass wir uns eh nur noch gegenseitig ankübeln. Und für den Betroffenen, der dort sitzt, ist das auch nicht positiv. Wenn der hingeht, wird er angeschüttet, wenn er nicht hingeht, dann wird er genauso angeschüttet.
Auch die FPÖ nutzt das Instrument gerne. Eine Ihrer Forderungen im Wahlkampf ist auch die Aufarbeitung der Corona-Zeit. Wie soll denn so etwas gehen, wenn nicht über einen U-Ausschuss? Es ist unwahrscheinlich, dass man das nicht genutzt hätte, um den politischen Gegner zu diskreditieren.
Es geht nicht darum, das Instrument abzudrehen. Nein, das Instrument ist wichtig für den Parlamentarismus und es dient zur politischen Aufklärung. Alles klar, wenn es um Vorgänge in der Bundespolitik geht oder wenn es um Entscheidungen eines Ministers geht oder um Entscheidungen, die möglicherweise im Hinterzimmer getroffen worden, sind oder wenn Absprachen aufgeklärt werden sollen. Auch wenn es um Postenbesetzungen geht. Alles gut! Aber weit hergeholte Vorwürfe aus der Landespolitik oder der Gemeindepolitik zu formulieren und in einen U-Ausschuss auf Bundesebene zu holen, oder dort irgendwelche unaufgeklärte »Juristereien« zu behandeln – das geht nicht! Das führt dann zum Unmut. Und das führt dann auch einen Untersuchungsausschuss ad absurdum.
Bleiben wir noch kurz bei Corona. In Ihrer aktuellen Kampagne richten Sie der ÖVP aus: »Wir vergessen nicht!« Aber an Schuldzuweisungen gegenüber der aktuellen Landesspitze gibt diese Kampagne ja nicht viel her. Die, gegen die sich die Vorwürfe richten könnten, sind ja gar nicht mehr im Amt.
Also zunächst einmal: Ich empfinde Aussagen eines führenden Repräsentanten dieses Landes, in diesem Fall des Landeshauptmannes, nämlich dass sich Ungeimpfte schäbig verhalten, einfach als untragbar.
Des ehemaligen Landeshauptmannes …
… genau. Das vergesse ich sicherlich nicht, obwohl ich selbst nicht zu dieser Personengruppe gehöre. Und ich glaube, viele andere vergessen das auch nicht. Kommen wir aber zur sachlichen Ebene. Es kommt jetzt immer mehr zum Vorschein, dass gewisse Entscheidungsfindungen in Ministerien, auf Bundesebene und auch auf Landesebene ohne echte seriöse Einbindung einer wissenschaftlichen Diskussion stattgefunden hat. Nicht ohne Wissenschaft, das sage ich nicht. Aber ohne Diskussion. Da glaube ich schon, dass der Steuerzahler, der Bürger, der unter diesen Maßnahmen nicht nur Positives erlebt hat, das Anrecht hat, zu erfahren, wie es damals zu diesen Entscheidungen gekommen ist. Das wäre zum Beispiel ein Thema für einen Untersuchungsausschuss. Das ist auch unsere Forderung.
Was in der Bevölkerung aber ankommt, ist, dass die FPÖ mit denen abrechnen will, die den Impfzwang durchsetzen wollten. Gegen den die FPÖ massiv aufgetreten ist – mit dem Erfolg, dass heute in Österreich nur mehr 50 Prozent der Kinder eine MMR-Impfung haben – mit dem Ergebnis von 300 Masernfällen in Österreich.
Alles schön und gut, aber ganz ad acta legen können wir das trotzdem nicht. Viele dieser Entscheidungen wirken bis heute nach, und so schnell, wie man sich das wünscht, wird das eben nicht vergessen sein. Und vielleicht ist das auch ein Grund, warum uns die Bürger trotz der Skandalisierungsversuche der ÖVP immer noch ihre Stimme geben.
Wenn wir schon bei der Vergangenheitsbewältigung und bei Entscheidungen, die bis heute nachwirken, sind: Die Migration ist seit 2015 ein Dauerbrenner und ein Thema, das die FPÖ erfolgreich besetzt hat. Was kann man denn nun in der Landespolitik tun, um Armutszuwanderung zu begrenzen?
Wenig, das ist eher Sache der Bundespolitik. Die Landesregierung kann nur da und dort an Stellschrauben drehen. Was wir tun müssen, ist klar. Wir müssen unsere Kommunikation darauf ausrichten, in den Herkunftsländern deutlich zu machen, dass es bei uns weniger zu holen gibt, als man dort vielleicht glaubt. Es wird nicht mit einer Grenze-zu-Politik gehen. Das wird an der EU-Außengrenze nicht gehen. Selbst auf nationalstaatlicher Ebene wäre das schwierig. Ich war selbst als Soldat im Einsatz an der grünen Grenze. Ich weiß, wovon ich spreche. Was man aber tun kann, ist, die Pull-Faktoren zu reduzieren. Wenn ich aus einem fernen Land komme, die Reise aus einer arabischen Region auf mich nehme, dann gehe ich dorthin, wo ich mir erwarten kann, dass es am meisten gibt. Das ist nicht einmal etwas Verwerfliches, das ist ein ganz normaler menschlicher Reflex. Und ja, da ist Österreich noch immer ganz wunderbar. In Skandinavien gibt es bereits Länder, die eine Korrektur eingeleitet haben. Das Problem löse ich damit nicht, aber ich habe zumindest im eigenen Land das getan, wofür ich gewählt wurde, nämlich für eine Politik für die eigenen Leute. Und da kann man den Orban mögen oder nicht mögen, ich kenne den Menschen nicht, ich habe ihn noch nie getroffen. Aber die Frage, warum hat Ungarn 21 Asylanträge im Jahr hat und wir haben in der gleichen Zeit 120.000, die ist berechtigt. Es wird wohl um die Leistung gehen, die es dort gibt, oder eben nicht gibt.
Wenn Ihre politischen Gegner die FPÖ nicht noch vor der Wahl mit einem weiteren Skandal konfrontieren – wie schätzen Sie Ihre Chancen ein? Und: Was würde Sie zur besten Wahl machen?
Also, nichts ist auszuschließen, aber ich glaube insgesamt, die Richtung stimmt schon. Ich mache mir nicht jeden Tag über einen Skandal Gedanken. Wenn man sich nur mehr in der Denke bewegt, dass man einen anderen anpatzen könnte, oder was möglicherweise noch kommen könnte, dann können wir alle miteinander keine Politik mehr machen. Ich trete das dritte Mal an, ich glaube, so ziemlich genau zu wissen, wie ein Wahlkampf funktioniert und was die Steiermark braucht. Das allein wäre aber noch kein Grund, warum ich der bessere Landeshauptmann bin. Ich habe einfach aus meinen Erfahrungen gelernt. Die habe ich mir aufgebaut, weil ich als Politiker verschiedene Ebenen durchlaufen habe, wie keiner der beiden anderen Kandidaten: Ich war Gemeinderat, ich war Vizebürgermeister einer relativ kleinen Gemeinde mit ein paar tausend Einwohnern, ich war Landtagsabgeordneter, ich war Personalvertreter, ich war Bundesminister und ich bin jetzt Klubobmann. Ich glaube, ich kenne die Politik von allen Seiten. Und damit kenne ich halt auch viele Anliegen und Wünsche der Bürger. Ich traue mich zu behaupten, dass ich ein sehr offener und sehr geselliger Mensch bin. Ob die anderen Spitzenkandidaten sich auch so sehen? Kann sein. Ich gehe nur davon aus, ich kann das besser.
Herr Kunasek, vielen Dank für das Gespräch.
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Mario Kunasek wurde am 29. Juni 1976 in Graz geboren. Es gibt nicht mehr viele Politiker, die auf derartig viele politische Funktionen verweisen können, ohne als Berufspolitiker zu gelten. Nach Stationen am BRG und der HTL Graz begann er 1991 eine KFZ-Lehre, die er 1995 abschloss. Sein Präsenzdienst beim Jägerregiment (1995 bis 1996) war dann wohl prägend für den weiteren Lebensweg: Zeitsoldat bis 1997, Unteroffizier bis 2005, seither Stabsunteroffizier. Seine politische Laufbahn begann er als Personalvertreter der AUF-AFH (Aktionsgemeinschaft Unabhängiger und Freiheitlicher – Arbeitsgemeinschaft der Freiheitlichen Heeresangehörigen) und im RFJ. Von 2005 bis 2018 war er Ortsparteiobmann der FPÖ in seiner ehemaligen Heimatgemeinde Gössendorf, in der von 2010 bis 2015 auch Mitglied des Gemeindevorstands war, bis 2017 war er dort Vizebürgermeister. Von 2008 bis 2015 war Mario Kunask Abgeordneter zum Nationalrat, bis er 2015 als blauer Spitzenkandidat und späterer Klubobmann im steirischen Landtag das bisher beste Ergebnis der FPÖ bei einer Landtagswahl verantwortete. 2017 wurde Kunasek zum Verteidigungsminister ernannt, 2019 trat er im Zuge der Ibiza-Affäre zurück und zog erneut als Klubobmann der FPÖ in den Steiermärkischen Landtag ein. Mario Kunasek ist verheiratet und Vater eines Sohnes.
Fazitgespräch, Fazit 202 (Mai 2024), Fotos: Marija Kanizaj
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