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Erwachsenes Jugendtheater

| 26. September 2012 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 86, Kunst und Kultur

Stilles Blut (Foto © Clemens Nestroy/TaO!)

Das Theater am Ortweinplatz wird 20. Ein Glückwunschtelegramm. Mit 20 Jahren ist man noch nicht wirklich erwachsen. Mit 20 Jahren ist man aber auch nicht mehr so ganz jugendlich und erst recht ist man kein Kind mehr. Das gilt auch für das TaO!, das Grazer Theater am Ortweinplatz.

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Vor 20 Jahren hat Manfred Weissensteiner die Theaterwerkstatt gegründet und schon damals bezog man in den Kellerräumen der heutigen Modeschule am Ortweinplatz Quartier. Ein paar wenige Stufen führen hinab, an den Wänden hängen liebevoll gestaltete Ankündigungen für die kommenden Premieren, daneben zahlreiche Presseartikel über die Erfolge der letzten Jahre und unzählige Fotos von aktuellen und ehemaligen Darstellern. 150 Kinder und Jugendliche besuchen die Theaterwerkstätten des TaO! jedes Jahr – die jüngsten sind gerade einmal acht Jahre alt. Einmal die Woche wird dann in kleinen Gruppen gelernt, gespielt und geprobt.

Die Dialoge von Schiller und Shakespeare muss dabei niemand mehr auswendig lernen. Die meisten Stücke werden von den Schauspielern und den ebenfalls jungen Regisseuren selbst entwickelt. So geht es zum Beispiel in einer der aktuellen Produktionen »Stilles Blut« um ein Mädchen, das von einem Ausländer geschwängert wird. Ein Stück, bei dem vor allem der theatralische Akt im Mittelpunkt steht und das, was Jugendliche zu dem Thema zu sagen haben.

Das Theater von morgen mit den Erwachsenen von morgen
Für Manfred Weissensteiner soll das TaO! ein Ort sein, an dem über die Ausdrucksform des Theaters »eine Auseinandersetzung mit einer scheinbaren Wirklichkeit stattfindet«. Das Theater selbst steht im Mittelpunkt und weil es von allen Beteiligten ernst genommen wird, leistet es weit mehr als bloßes Schauspieltraining. Mit jedem neuen Stück wird auch immer eine Antwort auf die Frage gesucht, wie Theater heute und morgen aussehen kann.

Mehr als 200 erfolgreiche Premieren sind auf dieser Suche bereits entstanden und sie wurden nicht nur durch einen beachtlichen Andrang von insgesamt 150.000 Besuchern gewürdigt. Dreimal konnte das TaO! schon den Preis für das beste Jugendtheaterstück Österreichs holen, zweimal den bestOFFstyria für das beste Theaterstück der freien Szene. Und auch wenn die Ausbildung von Profis nicht das wichtigste Ziel des TaO! ist, lassen sich einige erwachsen gewordene Schauspieler finden, die schon früh ihre Erfahrungen in Graz gemacht haben. Dazu zählen unter anderem Johanna Moder (Regisseurin) und die Schauspieler Sissi Noé (Wie man leben soll), Andrea Wenzl (Residenztheater München) und Christoph Luser (Der Knochenmann, Tatort).

In einer Zeit, in der Orientierung, Regelmäßigkeit und Begeisterung für Jugendliche schwieriger zu finden sind als je zuvor, erfüllt das TaO! auch eine wichtige soziale Aufgabe. Das Theater bietet mit seinen Werkstätten nicht nur eine sinnvolle und wertschätzende Beschäftigung, sondern ist vor allem eine Begegnungsstätte für Jugendliche und Theater. Heranwachsende lernen, wie man ein gemeinsames Theaterstück so auf die Bühne bringt, dass sie selbst am Ende stolz darauf sind, Schauspieler lernen die Mühen der Pädagogik kennen und Lehrer die Schwierigkeiten des Bühnenalltags.

Premieren am Theater am Ortweinplatz
– Stilles Blut, 27. September, 19 Uhr
– Frau Müller muss weg, 6. November, 19 Uhr
www.tao-graz.at

Kultur undsoweiter, Fazit 86 (Oktober 2012) – Foto © Clemens Nestroy/TaO!

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