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Thomas Bernhard ist unerträglich. Zumindest für Perfektionisten.

| 15. Februar 2013 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 90, Kunst und Kultur

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Foto: Schauspielhaus/Lupi Spuma

Dieses Stück ist nichts für Menschen mit großen Selbstzweifeln. Das Schauspielhaus Graz bringt Thomas Bernhards Roman »Der Untergeher« auf die Bühne. Claudius Körber spielt den erfolgreichen Klaviervirtuosen Glenn Gould, der sich mit zunehmendem musikalischen Erfolg immer weiter vom gesellschaftlichen Leben zurückzieht. So weit, so viel Wahrheit in Bernhards Stück über Gould, der in seinen letzten zwanzig Lebensjahren überhaupt keine Konzerte mehr gab, weil er nicht vor Menschen auftreten wollte.

Doch Bernhards Stück geht weiter über Goulds Tragödie hinaus. Neben ihm stehen zwei Freunde, die ebenfalls am Erfolg des Pianisten zerbrechen, die – um etwas genauer zu sein – angesichts der Perfektion, die Gould beim Klavierspiel erreicht, keinen Sinn mehr in ihrem eigenen musikalischen Schaffen sehen. Nach dem kontrapunktisch zugespitzten Moment, in dem die beiden Freunde die Goldberg-Variation von Gould hören, verschenkt der eine sein Klavier, der andere verkauft es und mit dem Tod von Gould nimmt er sich auch noch das Leben. Erst hier beginnt die dritte Tragödie des Erzählers, stoisch gespielt von Christoph Luser (Der Knochenmann). Als einziger Überlebender der drei Freunde lebt er weiter zwischen Perfektion und Mittelmäßigkeit.

In einem unerträglichen, unendlich großen Raum, dessen Brutalität einzig von der Tatsache ausgeht, dass man weiß, wie unerreichbar weit die eine Wand entfernt und wie unerträglich unwürdig die andere ist. Es bleibt eine andauernde Auseinandersetzung: Perfektion anstreben oder Trost im Lächerlichen finden? Wir wissen es auch nicht.

::: Der Untergeher
::: Schauspielhaus Graz

Weitere Aufführungen am 26. Februar sowie 1., 6., 7., 20. März und 13. April.
Mit Christoph Luser, Sebastian Reiß u.a.
Prädikat: wertvoll!

schauspielhaus-graz.com

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