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Der Superstar im Keller

| 3. Oktober 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 106, Kunst und Kultur

Wie ist denn das, wenn so ein Regisseur, dem die Twitter- und sonstige Intelligenz dieses Landes ja voll Ehrfurcht zugesteht, von keinem der Bauerntölpel abseits der Bundeshauptstadt gekannt zu werden, wenn so ein Regisseur also ins Nirvana oder sonstwohin im Burgenland kommt?

Ich denke, nicht ganz anders, als wenn er ins weiter oben gelegene Weststeirische käme oder sonstwohin in der tiefstprovinziellen Steiermark. (Tiefstprovinziell bis auf die sieben, neun Superchecker, die sogar die – von diesen dann täglich dreimal als Provinzstadt bezeichnete – Kleingroßstadt Graz hat.)

Ja und wie ist das eben? Jedenfalls, denke ich einfaches Gemüt, der ich viele Filme vom Superregisseur kenne, und die mich auch schon besser unterhalten haben, und die ab dem mir ersten keine neuen Erkenntnisse gebracht haben, außer dass weiße alte Frauen sich gerne mit jungem wie schwarzem Fleisch vergnügen. Oder so ähnlich. (Natürlich weil unsere abgrundschlechte Scheibenkleister- und Nazigesellschaft sie dazu getrieben hat, dort in Kenia oder in einem anderen Busch ihre Lust zu befriedigen.)

Ja, wie ist es also? Wie wird so wer bei uns Flachkappen- und Wegrandscheißern oft introdiert, also vorgestellt? Wohlwahrscheinlich recht superlativ, soll heißen: hui, das ist ein weltweit in Österreich bekannter Filmemacher, hui, den kennen sie dort und sogar drüben. Und der hat ganz, ganz, ganz viele Preise. Und vor allem: hui, Du kennst den gar nicht? (So schlau, dass es dann doch einen von den Halbaffen, die bei uns in so Kaffs am Land leben, also zumindest einen eben gibt, der den dann doch kennt, weil er einen Computer nicht nur für das Arge, sondern sogar auch zum Wikipediasieren einschalten und bedienen kann, so schlau sind wir Furchenscheißer ja dann doch.)

Jetzt ist das also ein Superstar. Und jetzt hat man die Möglichkeit, bei so einem Superstarfilm mitzumachen. Und bekommt sogar noch ein Geld dafür. Keine fünfzig Euro natürlich nur, wofür etwa das bundeshauptstädtliche Zentralgenie, der Großgerechte Robert Misik keinen Furz lassen würde, denn (Originalzitat): »das ist ja kein Geld« (Originalzitat Ende). Aber für uns werktagsarbeitenden Volldeppen am Land ist es halt auch besser als keine nicht einmal fünfzig Euro.

Und dann sitzen wir Schluchtenkacker plötzlich im Keller von dem ortsbekannten Wunderling, der so gerne alte Uniformen und so Zeug sammelt und sollen da ein Lied singen. Sollen da ein Lied singen! Ich weiß schon, die ganzen Geistesriesen da draußen, die alle wissen, dass sie nie in eine Situation kommen könnten, wo sie irgendetwas Peinliches machen täten – außer es ist für Tschäritie in den Seitenblicken oder für sonst irgendeinen Dünnpfiff in Wien, denen wär das nicht passiert. Mir wäre es wahrscheinlich auch nicht passiert.

Aber wenn die Welt so einfach wäre, wie die Wichtigtuer und Supergneißer glauben, sie sich ausmalen zu können, dann, ja dann sollten wir eigentlich alle schon lange am Mond spazieren gehen können. Mit einem Scheinheiligenschein.

Im Keller
Film von Ulrich Seidl
Österreich 2014
ulrichseidl.com

Alles Kultur, Fazit 106 (Oktober 2014) – Onlinelayout

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