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Lächeln angesichts der Katastrophe

| 23. Dezember 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 109, Kunst und Kultur

Illustrationen: Intro-Graz-Spection

»Keep Smiling – Humor als Waffe« heißt die aktuelle Ausstellung der »Intro-Graz-Spection« in der Multimedialen Sammlung im Joanneumsviertel. Großteils hierzulande noch nie gezeigte Exponate geben einen Eindruck davon, wie in modernen Kriegen Humor als Waffe zum Einsatz kam.

Text von Josef Schiffer.

::: Hier können Sie den Text online im Printlayout lesen: LINK
Das breite Spektrum der ausgestellten mannigfaltigen Vehikel für Propaganda, Widerstand und Satire ist alleine schon in seiner Dichte beeindruckend: Von einfachen Cartoons, Postkarten, Plakaten über Bücher, Comichefte und Zeichentrickfilme bis hin zu skurrilen oder witzig verfremdeten Alltagsgegenständen gibt es hier unglaublich vieles zu entdecken, zu bestaunen und – ja, auch zum Lächeln. Die Exponate decken die dramatische Zeitspanne des an kriegerischen Auseinandersetzungen nicht gerade armen halben Jahrhunderts von 1914 bis tief in die Zeit des Kalten Krieges 1964 ab. Aus dem Ersten Weltkrieg vermitteln sowohl offizielle Machwerke medialer Kriegführung wie auch kritisch-satirische Zeichnungen (oft aus Sicht des neutralen Auslandes) ein lebhaftes Bild von der durch die Kriegsereignisse radikal veränderten Mentalität.

Neue Informationsmedien und Mittel der Massenbeeinflussung sorgten im Zweiten Weltkrieg für eine wahre Explosion an Vermittlungsformen mehr oder minder subtiler Agitation unter dem Mantel des Humors. Hier gibt es Beispiele deutscher Propaganda in Form von Witzbroschüren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit dem späteren Autor der Nick Knatterton-Serie Manfred Schmidt zugeschrieben werden können. Einfallsreicher und vielfältiger sind die Produkte der US-Unterhaltungsindustrie, die sogar Superman und Donald Duck in den Dienst der Kriegsanstrengungen stellte. Hitler, Mussolini und Kaiser Hirohito erwiesen sich im Verlauf des Krieges als dankbare Motive für Witz und Spott, wenn auch angesichts der Gräuel des Krieges so manchem das Lachen im Halse stecken geblieben sein mag. Schließlich war bereits das Verbreiten von Flüsterwitzen im Dritten Reich mit der Todesstrafe bedroht. Der Kurator der Ausstellung, Emil Gruber, hat nicht nur Hunderte interessante Objekte zu einem beeindruckenden Bogen vereint, sondern auch selbst aus seiner umfassenden Privatsammlung so manches an künstlerischen Raritäten beigesteuert, wie eine Karikaturenserie des Mexikaners Antonio Arias Bernal zum Verlauf des Zweiten Weltkrieges als Motive auf überdimensionierten Spielkarten. Unter der Projektleitung von Christian Marczik, beratend unterstützt von Wenzel Mracek, sorgte Erika Thümmel für die überaus stimmige Gestaltung der Schau, ergänzt durch grafischen Input von Leo Kreisel-Strauß.

Keep Smiling – Humor als Waffe
Mediale Kriegführung, Propaganda und Humor 1914–1964
Multimediale Sammlungen, Joanneumsviertel Graz
10.12.14–29.3.2015, 10–17 Uhr
museum-joanneum.at

Alles Kultur, Fazit 109 (Jänner 2015) Illustration: Blatt aus dem Mappenwerk »The Whip« von Kostas Romanos, Ägypten 1944 (Intro-Graz-Spection)

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