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Händler der Elektronik

| 23. Dezember 2014 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 109, Fazitportrait

Foto: Marija Kanizaj

Wie ein Fels in der Brandung trotzt »Zöscher & Söhne«, alteingesessenes Grazer Familienunternehmen für Küchen- und Haushaltsgeräte, HiFi-Technik, Waschmaschinen und Kühlschränke, Beleuchtung und Elektroinstallationsartikel, seit mehr als 60 Jahren – davon über 40 am Griesplatz – den Stürmen der Branche. Immer mit einem Ass im Ärmel.

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Auf den Griesplätzen dieser Welt hat sich in den letzten Jahrzehnten viel verändert, so auch am Griesplatz der steirischen Landeshauptstadt, der sich zu einem multikulturellen Biotop entwickelt hat. Sichtbarer Ausdruck der polyglotten Vielfalt sind vor allem die wechselnden Geschäfte, Lebensmittelläden und Speiselokale mit ihrem fremdländisch-exotischen Angebot. Da erscheint das Elektrofachhandelsgeschäft Zöscher & Söhne wie ein Fels in der Brandung: Seit mehr als vier Jahrzehnten erhält die Kundschaft hier nicht nur das, was sie sucht, sondern auch das, was sie sich heimlich wünscht – das Gefühl, willkommen zu sein wie ein Stammgast in seinem Lieblingsbeisl.

Klassische Kundenberatung
Dafür sorgen zunächst einmal bis zu sieben Mitglieder der Familie Zöscher, die vielleicht nicht immer alle zeitgleich anwesend sind, aber irgendeinen der »Wirtsleute« erwischt man mit Sicherheit, und sei es nur der freundlichen Begrüßung wegen, oder aber, weil der Einkauf zur Chefsache gemacht werden soll. Dann gibt es noch 30 weitere Gründe, sich willkommen zu fühlen: Von den insgesamt 45 Mitarbeitern des Familienbetriebs sind zwei Drittel, sohin rund 30, im Verkauf tätig. Diese Anzahl allein lässt darauf schließen, dass eines der Erfolgsgeheimnisse des Unternehmens in der intensiven Beratungstätigkeit liegt. Seniorchef Dieter Zöscher, als 1939er Jahrgang »eigentlich« schon längst in Pension, tatsächlich aber für Finanzen und Personal zuständig, kennt die Stärken seiner Mannschaft: »Unsere Mitarbeiter sind über Schulungen ständig am neuesten Stand und so speziell ausgebildet, dass sie auch nicht zwischen den einzelnen Abteilungen wechseln können. Wer in der HiFi-Abteilung für Fernseher zuständig ist, kann nicht in der sogenannten Weißwaren-Abteilung Waschmaschinen oder Kühlgeräte verkaufen.« In dieser Weißwarenabteilung im ersten Stock findet man mit Gernot Zöscher den zweiten Seniorchef, als 1940er Jahrgang ebenfalls »eigentlich« längst in Pension, und so wie sein Bruder Dieter 25-Prozent-Ei-gner der Zöscher & Söhne GesmbH. Die beiden anderen Viertel halten jeweils die Ehefrauen Lotte und Heide, die ebenfalls im Betrieb mitarbeiten.

Die dritte Generation
Abteilungsleiterin bei den Waschmaschinen, Kühlschränken, Mikrowellengeräten, Einbauherden oder Kondenstrocknern ist mit Christin, der Tochter von Gernot und Lotte, bereits die dritte Generation. Fehlen noch zwei, die Söhne von Dieter und Heide: Christian ist genau in jenem Jahr geboren worden, als das Unternehmen von der Sparbersbachgasse auf den Griesplatz übersiedelt ist – 1972 – und sagt daher nicht zu Unrecht: »Ich bin im Betrieb aufgewachsen.« Heute ist er der Geschäftsführer. Sein um vier Jahre jüngerer Bruder Wolfgang leitet die Abteilung Installationstechnik und ist dabei für Einkauf, Verkauf, Kalkulation und Kundenberatung zuständig. Beide haben im übrigen bereits die nächste Generation in die Welt gesetzt. Der Grundstein wurde von Dieter und Gernots Mutter Maria am 1. Jänner 1953 mit der Gründung der Firma Wurzinger & Zöscher gesetzt, Vater Matthäus war Geschäftsführer. Nach weiteren zwei Jahren entstand daraus die Firma M. Zöscher und 1968 die Zöscher & Söhne GesmbH, allesamt noch in der Sparbersbachgasse, wo es in der Folge sprichwörtlich zu eng wurde.

Abgesehen einmal von Geschirrspüler, Waschmaschine und Co, auch bei Fernsehapparat, Stereoanlage, Toaster, Fotoapparat, Föhn, Mixer, Bügeleisen, Rasierapparat oder Pfannen und Fritteusen bis hin zur Beleuchtung assoziiert die Kundschaft nicht nur in Graz, sondern auch in weiten Teilen der Steiermark seit Dezennien wie automatisch sofort den traditionsreichen Familienbetrieb am Griesplatz. Auch die Preisgestaltung und ebenso fast automatische Rabattgewährung (Dieter Zöscher: »Das ist in der Elektrobranche üblich.«) mögen daran schuld sein. Christian Zöscher weiß genau, wovon er spricht, wenn er erläutert: »Wir stehen für Vertrauen, Kontinuität und Kompetenz.« Was sich auch bei der Mitarbeitertreue widerspiegelt. »Wir haben kaum eine Mitarbeiterfluktuation; bei uns gehen nach wie vor viele, die hier angefangen haben, auch ohne Zwischenstationen in Pension.« Zur Kundenbetreuung gehört aber auch, dass gegen geringes Entgelt zum Beispiel Waschmaschinen oder Fernseher nicht nur geliefert, sondern auch angeschlossen oder eingerichtet und Altgeräte entsorgt werden.

Vorteil Großhandel
Als vor rund 15 Jahren die sogenannten »Großflächen« wie Media Markt oder Saturn gekommen sind, hat ein Strukturwandel eingesetzt, der bis heute anhält. Christian Zöscher: »Wir wurden dabei mit einer anderen Verkaufsphilosophie konfrontiert.« Demnach gibt es heute drei Absatzwege: den Fachhandel mit Beratung und Service, wie es Zöscher & Söhne macht, den Kauf »von der Palette« bei der Großfläche sowie »seit fünf, sechs Jahren den Online-Handel – dabei mussten wir lernen, damit umzugehen.« Ein weiterer Umstand war von Vorteil. Dieter Zöscher: »Vor 40 Jahren gab es fast keine Elektro-Großhandelsbetriebe. Diesbezüglich wollten wir Graz nicht anderen überlassen. Da wir schon in der Struktur des Großhandels waren, bevor die »Großflächen« gekommen sind, hatten wir die Nase vorn und Kundenpotenzial bereits an uns gebunden.« Heute setzt »der Zöscher« stabile 10 Millionen Euro pro Jahr um, was bedeutet, dass wegen des in der Elektrobranche in vielen Fällen gesunkenen Preisniveaus im Vergleich zu früher quantitativ ein Mehrfaches verkauft werden muss. Musste man vor noch nicht allzu langer Zeit für eine Waschmaschine an die 15.000 Schilling rechnen, sind es heute Beträge ab 300 Euro.
Bei der Marge gibt es wenig Spielraum. – Oder wie es Geschäftsführer Christian Zöscher formuliert: »Das Geld wird im Einkauf verdient.« Deshalb ist das Grazer Unternehmen Mitglied der Fachhandelskooperation »Euronics«, die im Grunde eine Einkaufsgemeinschaft ist und als einer von 180 Händlern auch bei »Red Zac«, einer Kommunikations- und Werbekooperation. »Da hat man dann schon ein anderes Verhältnis zur Industrie«, erläutert Dieter Zöscher. Auch die Elektroinstallationsabteilung wickelt Einkauf und Marketing über einen Zusammenschluss von mittelständischen Elektro-Großhändlern (Mitegro) aus dem deutschen Sprachraum ab. Um welche Dimensionen es dabei geht, spiegelt allein der Umsatz dieser Kooperation wider: 5 Milliarden Euro. Doch auch wenn die Strukturen alle im Griff sind, müssen noch ganz andere Dinge bedacht werden.  Womit wir wieder bei den Kunden sind. Erst nach mehr als zehn Jahren am Griesplatz gelang es, auf der Hinterseite des Geschäfts, in der Ägydigasse, ein Parkplatzareal zu erwerben. Wie wichtig das war, erläutert Christian Zöscher kurz und bündig: »Sonst würde es uns hier nicht mehr geben.« Und da man Kunden nie genug erfreuen kann, hat der Zöscher etwas, genauer gesagt jemanden, der – untertrieben ausgedrückt – ein Mehrwert generierender Geheimtipp ist. Und ein Ass auf seinem Gebiet. Und ein Original.

Der Herr Spitzer
Er ist nicht leicht zu finden. Ein schmaler Gang, der keinen Gegenverkehr zulässt, und gemessene 15 Meter lang ist, zweigt mitten im Geschäft ab und führt geradewegs zu ihm. In einem sprichwörtlich kleinen Kämmerchen sitzt zwischen zwei großen Werkbänken, die nicht minder vollgeräumt sind als sämtliche Wände, inklusive der niedrigen Decke, von der die merkwürdigsten Dingen herabhängen, ein überdurchschnittlich freundlicher Herr mit überdurchschnittlichen Begabungen. Das scheinbare Chaos folgt einem speziellen Ordnungsprinzip, das nur ihm geläufig ist, aber nahezu perfekt funktioniert. Er weiß genau, wo was abgelegt ist, und beweist dies seit 32 Jahren jeden Tag aus Neue – auch wenn er die ersten Jahre im Hauptgeschäftsraum ordiniert hat. Heinz Spitzer macht etwas, was gänzlich aus der Mode gekommen ist: Er repariert elektrische Geräte. Kein Auftrag ist ihm zu klein. Egal, ob es sich um ein altes Röhren-Radio, einen modernen Fernsehapparat, ein vorgeschaltetes Netzgerät, einen Rasierer, einen Epilierer, eine simple Taschenlampe oder eine Spezialleuchte für Augenärzte oder einen alten Wurlitzer handelt, er bringt (fast) alles wieder zum Laufen, Surren, Schneiden, Leuchten und Tönen. Eine Vielzahl ausschließlich analoger Messgeräte, eine zwischengeschaltete 300-Watt-Glühbirne zur Anzeige von Kurzschlüssen (»da wird sie nur heller«) und zur Vermeidung von fallenden Sicherungsautomaten, über akustische Warnanzeigen bis zum Einsatz der eigene Zunge als Stromdurchflussmessgerät oder ein ständig einsatzbereiter Lötkolben, aber auch eine hervorragende Kenntnis über die Welt von Watt, Volt, Ohm und Co ermöglichen es ihm, jeden Tag kleine Wunder zu vollbringen. Sein Credo ist so simpel wie sinnvoll: »Nur nichts wegwerfen, was man noch reparieren kann.« Heinz Spitzer hat sein Hobby zum Beruf gemacht, den er in dem Räumlichkeiten von Zöscher & Söhne auf selbstständiger Basis ausübt: »Und je schwieriger die Fehlersuche ist, desto lieber ist es mir.« Seine Sammlung von alten Röhrenradios, Plattenspielern und ähnlichen Geräten umfasst bereits über eintausend Stück. Das ist möglicherweise sogar mehr als das Sammelsurium an gebrauchten Ersatzteilen, die er für seine Kunden bereithält. Sein Ruf hat auch schon die österreichischen Landesgrenzen überschritten: »Sogar aus München ist schon jemand extra gekommen, um sich seinen Videorekorder von mir reparieren zu lassen. Dabei war nur die Andruckrolle für fünf Euro kaputt.« Heinz Spitzer ist ein Original und doch stimmt das nicht ganz: Sein eineiiger Zwillingsbruder sieht nicht nur gleich aus wie er, er hat auch das gleiche Hobby! Und er ist nicht nur ein Ass in seinem Job, er ist auch das Trumpfass von Zöscher & Söhne. Der Seniorchef weiß: »Wir bilden eine Symbiose.« Denn wenn etwas doch nicht mehr zum Reparieren geht, dann kauft es der Kunde eben neu. Weit muss er nicht gehen.

Zöscher & Söhne
8020 Graz, Griesplatz 16
Telefon: 0316 714311
zoescher.at

Fazitportrait, Fazit 109 (Jänner 2015) – Foto: Marija Kanizaj

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