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Der Neue im Haus

| 27. Mai 2015 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 113, Kunst und Kultur

Foto: Robert FranklKlaus Kastberger ist Wissenschaftler, Literaturkritiker und seit März Leiter des Literaturhauses Graz. Als dieser will er vor allem eines: Literatur als Gesprächsstoff vermitteln. Von Barbara Jernej.

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Was haben Ernst Jandl und Klaus Kastberger gemeinsam? Beide wurden schon einmal in den Manuskripten publiziert. Doch während der eine in der Rolle des Schriftstellers aufgegangen ist, hat Kastberger andere Wege eingeschlagen. Er ist Professor für neuere deutsche Literaturwissenschaft geworden. In einem wesentlichen Punkt unterscheiden sich die beiden aber bis heute nicht: »Ernst Jandl hat sich nie kompromittieren lassen. Er ist immer autonom geblieben«, lobt Kastberger eines der seltenen Phänomene im modernen Literaturbetrieb. Ob ihm bewusst ist, dass er sich damit auch selbst charakterisiert? Der neue Leiter des Literaturhauses nimmt sich die Freiheit, selbstreflektiert zu entscheiden. Das Gute dabei ist: Er hat sich entschieden, genau diese Freiheit zu teilen.

»Es geht mir darum neue Wege zu erkunden, ohne alles neu zu erfinden. Ich erlebe Graz als sehr lebendige Stadt mit einem interessierten Publikum und genau auf dieses Interesse soll in Zukunft noch stärker eingegangen werden«, skizziert er ein zentrales Motiv für seine Arbeit am Literaturhaus. Neben Diskussionsveranstaltungen sollen Erhebungen mit Studenten und Lehrenden der Karl-Franzens-Universität dabei helfen, dieses Ziel umzusetzen. Auch Kooperationen mit Schulen befinden sich bereits in Planung. Aus der stärkeren Zusammenarbeit mit Bildungsanstalten erhofft man sich zudem, neue Publikumsschichten zu gewinnen. »Es gibt so viel, auf das man in Graz stolz sein kann. Man muss die Menschen nur darauf aufmerksam machen«, meint Kastberger. Deshalb werden bei der zukünftigen Programmgestaltung auch die Archivbestände des Franz-Nabl-Institutes stärker in den Fokus rücken. Was er an den Initiativen seines Vorgängers schätzt und unbedingt beibehalten möchte, ist die Einbindung ausländischer Autoren: »Gerade diese Autoren sind in anderen Literaturhäusern nicht so präsent, obwohl der Austausch mit ihnen einen ungeheuerlichen Wert für die eigene Szene bedeuten kann.« Aufgrund ihres Erfolges weitergeführt werden auch das Bookolino-Festival und die Jugendliteraturwerkstatt, die Kastberger bereits mit Begeisterung mitverfolgt hat: »Es ist unglaublich, welche Anregungen Kindern und Jugendlichen einem liefern, wenn man ihren Stimmen Raum gibt.«

Ebenso lobende Worte findet er für die selbstorganisierte Plattform junger Autoren. Ihre Initiativen werden weiterhin einen Fixpunkt im Programmgeschehen des Literaturhauses bilden. Neben der stärkeren Einbindung des Publikums bei der inhaltlichen Gestaltung will Kastberger aber auch die Entstehung neuer Diskursräume forcieren: »Es ist wichtig, miteinander zu reden und die Wünsche der Besucher und Besucherinnen zu kennen. Das heißt aber nicht, dass man es jedem recht machen muss. Am Ende geht es darum, die Menschen zu animieren, selbstbewusst und aktiv am Kulturgeschehen teilzunehmen«, meint er und setzt in diesem Sinne fort: »Es wird im Literaturhaus mehr geredet werden!« Das beginnt schon damit, dass jeder Lesung Gespräche folgen sollen, die allen Beteiligten einen aktiven Kontakt und nicht nur passive Unterhaltung ermöglichen.

Literaturhaus Graz
8010 Graz, Elisabethstrasse 30
Öffnungszeiten Büro
Montag–Donnerstag, 10 bis 14 Uhr
literaturhaus-graz.at

Alles Kultur, Fazit 113 (Juni 2015) – Foto: Robert Frankl

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