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Der Prophet des Weines

| 29. Juni 2017 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 134, Fazitgespräch

Foto: Marija Kanizaj

Weinbauer Leo Hillinger über konsequente Kreativität und die Bedeutungslosigkeit von Geld.

Das Gespräch führten Peter K. Wagner und Volker Schögler.
Fotos von Marija Kanizaj.

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Hill 1. Die Adresse von Leo Hillingers Firmensitz ist Programm. Imposant thront das 2004 errichtete und sechs Millionen teure Bauwerk auf einem kleinen Hügel der burgenländischen Ortschaft Jois.

Vom ersten Stock, wo sich ein Shop und ein Schauraum befinden, genießt man die Aussicht auf den Neusiedler See, umliegende Weinberge und die immer wieder vorbeihuschenden Ziesel, Verwandte der Eichhörnchen und Murmeltiere. Sogar geheiratet wird hier. Im Hinterhof, dessen Mittelpunkt ein acht Tonnen schwerer Tisch ist. Der Stein kommt aus dem nahen Römersteinbruch in St. Margarethen.

Wir treffen Leo Hillinger zur Mittagszeit, wegen der glühenden Hitze an diesem warmen Frühsommertag nehmen wir im Inneren des Gebäudes Platz. Schon der erste Satz des Winzers sitzt. »Schau da an, den Teppn, an Anzug bei der Hitz.«

***

Herr Hillinger, Sie haben einmal gesagt, dass Sie täglich von 4:30 Uhr bis Mitternacht arbeiten. Tun Sie das immer noch?
Genau. Manchmal länger, wenn ich unterwegs bin. Aber keine Angst, nur sieben Tage die Woche.

Das beruhigt uns. Haben Sie trotz Ihrer mittlerweile zig Mitarbeiter nie daran gedacht, kürzer zu treten?
Ich habe 20 Firmenbeteiligungen und als Hobby drei Immobilienfirmen. Daher geht es nicht anders. Die Aufgaben wachsen. Ein g’scheiter Chef kennt seine Fehler und gibt Dinge, die er nicht machen kann, ab. Aber er will dennoch alles wissen. Dadurch, dass ich vom Radgeschäft über die Bettenindustrie an mehreren Firmen beteiligt bin, will ich sehr viel wissen. Das führt zu viel Kopfweh, aber es ist einfach meine Aufgabe. Weil sonst machen die Mitarbeiter, was sie wollen, und ohne mich passiert nicht viel.

Aber reicht es nicht irgendwann?
Es gibt wenige Menschen, die die Welt verändern können. Die, die es können, sollten es auch tun. Es gibt so viele Nasenbohrer, alle wollen Work-Life-Balance, am Strand sitzen und Drinks schlürfen. Aber irgendwer muss die Drinks bringen. Und die Sonnenstühle. Und die Sonnenschirme. Ich setze Prioritäten. Was mich wahnsinnig geprägt hat, war die harte Zeit am Anfang, als ich den Betrieb meines Vaters mit 400.000 Euro Schulden übernommen habe. Durch solche Erfahrungen sieht man das Leben ganz anders. Ich mache jeden Tag einen Morning Ride. Vom sieben bis neun Uhr fahre ich mit Kunden Rad. Ich fahre ohnehin viel Rad – sogar zu Dreharbeiten in die Steiermark oder nach Österreich. Das brauche ich, weil mir Sauerstoff wahnsinnig viel Energie gibt, und da ich während des Fahrens telefoniere, kann ich die Zeit auch nutzen. Jedenfalls war ich heute in der Früh auch auf dem Rad und mich hat einer gefragt, warum ich mir das antu’. Ich habe ihm gesagt: »Wenn ich es nicht mache, macht es keiner. Das ist ein Drang.« Er meinte dann, dass man nicht mehr als ein oder zwei Schnitzel am Tag essen könne. Ich hab’ ihm Recht gegeben. Aber es geht nicht um die Schnitzel, es geht nicht einmal ums Geld. Ich brauche nicht viel Geld und wenn ich mein Leben umstrukturieren würde, müsste ich auch nicht mehr hackl’n. Je mehr du hast, desto weniger brauchst du. So viel, wie ich arbeite, habe ich gar keine Zeit zum Geldausgeben. Außerdem bekomme ich ganz viel geschenkt und einen Biobauernhof für die Selbstversorgung habe ich auch.

Foto: Marija Kanizaj

Gönnen Sie sich irgendwas? Eine Yacht vielleicht? Ein Sportauto haben wir gesehen.
Nein. Den Mercedes da unten? Den bekomme ich gestellt. Und was soll ich mit einer Yacht, einem Privatjet oder einem Hubschrauber? Wenn ich das betriebswirtschaftlich durchrechne, bekomme ich eine Lungenentzündung. Alles ein Schwachsinn.

Oldtimer haben Sie auch keinen?
Nein. Ahja, doch. Einen Porsche 911er, Baujahr 1974, habe ich mir gekauft. Aber das war mehr eine Wertanlage. Ich habe viele Freunde aus der Investmentbranche, die mit mir angefangen haben, die jetzt Privatjets oder Yachten und zig Häuser besitzen. Aber das muss man ja »daleben«. Ich habe auch ein Haus am See in Podersdorf, war im Vorjahr aber nur dreimal unten. Das ist eher eine Immobilie für meine Mitarbeiter, die das Haus nutzen dürfen, wenn sie gute Leistungen erbracht haben. Auch ein Jagdhaus in Ungarn habe ich gebaut als Investment. Dort haben Mitarbeiter schon geheiratet oder auch Urlaub gemacht. Ebenso in Südafrika in meiner Wohnung. Mein größter persönlicher Luxus sind die Monate November und Jänner. Da arbeite ich nur fünf Stunden am Tag. Heuer läuft auch eine neue TV-Sendung an in dieser Zeit.

Was genau?
»Austria’s next Topwinzer« wird das Format heißen. Ist keine Heidi-Klum-Partie, wo gestritten wird. Sondern wirklich kompetente, sympathische Jungunternehmer, die was draufhaben müssen. Das ist ein Instrument, um jungen Winzern einen Kick zu geben, um durchzustarten. Der Gewinner bekommt von mir 10.000 Euro in bar, ist beim Weinmachen dabei und bekommt eine Studienreise nach Südafrika mit mir.

So wie Sie in jungen Jahren ein Stipendium für einen Aufenthalt in Kalifornien erhalten haben.
Genau. Ich habe damals 50.000 Schilling bekommen und der Flug hat 32.000 gekostet. Also da blieb nicht viel übrig. Ich habe damals zwei Jobs nebenbei machen müssen, um in den USA über die Runden zu kommen.

Als Sie 1990 nach Österreich zurückkamen, haben Sie den Weinhandel Ihres Vaters übernommen, dessen Schulden sich im Sog des Weinskandals anhäuften. War der Weinskandal aus Ihrer Sicht Segen oder Fluch für die Branche?
Der Skandal führte dazu, dass wir in Österreich und Deutschland das härteste Weingesetz der Welt bekommen haben. Und das war wichtig. Die Menschen haben Respekt vor der Qualität des Weins bekommen. Es bedurfte dafür allerdings auch Propheten wie mir, die den Leuten klar gemacht haben, dass wir von etwas leben müssen.

Seit 1990 ist viel passiert. Sie haben viel Geld verdient, sind trotz großer Investitionen seit einigen Jahren schuldenfrei, fast jeder Österreicher kennt Sie. Außerdem fahren Sie Extremradrennen und sind bei all den Firmenbeteiligungen weit davon entfernt, sich zurücklehnen zu können. Das Warum haben Sie uns schon versucht, zu erklären. Aber das Wie fehlt uns noch. Ein Mensch, der vom 40-Stunden-Job und dem allwöchentlichen Fitnesscenterbesuch herausgefordert wird, fragt sich: Wie machen Sie das?
Ich war letzte Woche übrigens erst beim »Glocknerman« dabei, den wir im Team mit Weltrekord gewonnen haben. Das ist ein Ultramarathon von Graz über den Großglockner zurück nach Graz. Über 1.000 Kilometer sind wir gefahren.

… genau diese Verrücktheiten meinen wir.
Ich musste immer kämpfen. Wenn einem im Leben nichts geschenkt wird, dann wird man so. Und wenn du mit nichts anfängst, musst du hungrig sein. Jeder, der hereinkommt und eine Flasche Wein kauft, ist für mich ein Gottesgeschenk. Ich konnte früher nicht einmal die Zinseszinsen zurückzahlen. Aber es gibt auch einen Moment im Jahr, an dem ich nicht viel Energie habe. Immer wenn ich mich im November ein bisschen zurücknehme, bekomme ich sechs Tage lang Fieber. Wie auf Knopfdruck. Das ist die Erschöpfung. Ich nehme dann aber keine Medikamente. Ich nehme nur Vitamine: B12, Zink, Eisen und Vitamin C.

Warum keine Medikamente?
Das brauche ich nicht, das lagert sich alles im Körper ab. Ich habe ja nicht umsonst einen Biohof und habe den kompletten Weinbau auf Bio umgestellt.

Wie stellt man Wein auf Bio um? Es heißt eigentlich immer, Wein müsse man spritzen.
Das geht ganz einfach: Drei Jahre muss man biologisch arbeiten. Pflanzenschutz muss man ohnehin machen, allerdings im Biofall nur mit Mitteln, die in der Natur vorkommen. Wie etwa Schwefel oder Kupfer. Oder man setzt auf biotechnische Maßnahmen. Das ist etwas, was eigentlich jeder machen sollte. Die meisten sind aber zu faul und zu unwissend. Zum Beispiel gibt es Pheromone. Wenn ein Falter durch Pheromone verwirrt wird, schafft er es nicht, sich zu paaren. Das ist ein geruchloser und ungefährlicher Draht, der in die Weingärten gehängt wird. Das muss allerdings flächendeckend passieren. Bei uns gibt es in manchen burgenländischen Orten Menschen, die nicht daran glauben. Denen hängen wir dann in der Nacht diese Drähte in den Weingarten und wir zahlen es.

Foto: Marija Kanizaj

Warum haben Sie begonnen, sich für biologischen Anbau zu interessieren?
Ich kann mich nicht biologisch ernähren und selbst mit der Spritze zu den Rebstöcken fahren. Bei Weingärten ist es so: Du kannst ein Kind immer tragen, dann wird es aber nie gehen lernen. Die Pflanze muss sich selbst schützen. Wenn man viel weiß, ist der Weg zu Bio relativ kurz.

Muss man den Weinstock neu setzen bei so einer Umstellung?
Nein, der Weinstock hat einen Kreislauf. Drei Jahre muss er biologisch stehen, um biologisch zu sein. Das wird auch im Labor zertifiziert, dass keine Rückstände mehr vorhanden sind.

Sie schreiben Bio aber nicht groß auf Ihre Etiketten.
Nein, wir wollen es auch nicht groß vermarkten. Das muss einfach normal sein.

Wird Bio Standard werden?
Wenn viele Menschen etwas mehr nachdenken, hoffe und denke ich, dass das passiert.

Aber aktuell ist es – gerade im Lebensmittelbereich – so, dass sich einige Menschen Bio nicht leisten können.
Ja, und da müssen die großen Produzenten daran arbeiten, dass der Preis nach unten geht. Aber da die Diskonter schon damit anfangen, Bio im großen Stil leistbar zu machen, bin ich guter Dinge.

Wer Erfolg hat, hat auch Neider. Es heißt immer wieder, der Hillinger-Wein ist gar nicht so besonders. War Ihr Wein oder Ihr Marketinggeschick entscheidender für Ihren Erfolg?
Die Basis ist immer das gute Produkt. Die Formel ist einfach: Schlechtes Produkt und gutes Marketing ergeben schnellen Tod. Durch viele Neider und andere Winzer, die nur auf Fehler von mir warten, habe ich viel Motivation, immer besser zu werden. Und ich mache deshalb auch immer wieder Blindverkostungen. Das macht kein anderer. Weil sie keine Eier haben.

Sie sind in einem Interview einmal auf Ihren Status als Promi- und Starwinzer angesprochen worden und haben sich anmerken lassen, dass Sie diese Bezeichnung nicht glücklich macht. Aber woher kommt denn dieser Begriff?
Ich habe wie ein Löwe um jede Möglichkeit gekämpft, bei allen Veranstaltungen dabei zu sein. Dann kamen Auftritte im Fernsehen bei »Das Rennen« und »Das Match« und meine Art kam an. Aber das hat aufgehört. Heute ist mir das alles zuwider. Heute fahre ich wohin, kurze Gesichtswäsche und dann bin ich wieder dahin. Mittlerweile bin ich mehr wegen Vorträgen unterwegs in Österreich.

Was bekommen Sie dafür?
Anfangs so 1.500 Euro, mittlerweile 5.000 Euro. Das ist viel Geld, für mich allerdings nicht, weil ich oft weite Anfahrten habe und 50 Prozent Einkommensteuer zahle.

Zahlen Sie eigentlich gern Steuern?
Extrem gern, weil es mir deshalb so gut geht und Kindergärten oder Straßen gezahlt werden können und unser System funktioniert.

Aber Sie zahlen nicht gerne genug, um nicht eine Stiftung zu haben.
Ja, die zahlt sich allerdings mittlerweile nicht mehr aus. Wobei es gar nicht um den steuerlichen Aspekt ging, sondern darum – bitte nicht falsch verstehen –, dass meine Frau sich einen Jüngeren nimmt und die Hälfte ihr gehört. Das soll meinen Kindern gehören. Wobei meine Frau auch in der Stiftung ist und man das alles schnell ändern könnte. Außerdem geht es um die Nachfolge. Wenn es mich erwischt, habe ich kein Testament und die Stiftungsvorstände sagen: »Bua und Madl sind in Ordnung, die dürfen erben«.

Wer soll eigentlich einmal übernehmen?
Das ist mir ganz egal, ob ein Kind, einer meiner Mitarbeiter oder die Börse. Der Sohn ist jetzt 14 Jahre und hat sein erstes kleines Weingut zum Bewirtschaften bekommen.

Mit 14 Jahren?
Er muss das, was ich für ihn ausgegeben habe, ja wieder hereinholen [lacht]. Nein, ernsthaft: Man kann nie früh genug anfangen und es macht ihm Spaß. Aber wenn er übermorgen sagt, er will Maurer werden, soll er ein guter Maurer werden. Gibt eh zu wenige Maurer.

Ihr Firmensitz in Jois hat etwa sechs Millionen Euro gekostet. Wir haben gelesen, dass er auf einer Müllhalde entstanden ist. Stimmt das?
Nicht ausschließlich. Die Geschichte war ohnehin speziell. Der langjährige Bürgermeister des Dorfes war für den Bau. Bei der Wahl hat sich dann eine Liste aufgestellt, die klar gesagt hat, mit ihr gibt es den Neubau nicht. Sie hat die Wahl gewonnen. Dort, wo jetzt das Gebäude steht, war vorher ein Felsen. Den wollte niemand haben, aber ich habe natürlich viel mehr gezahlt als den üblichen Preis. Dann sind wir bei den Grabungen auf besagte alte Müllhalde gestoßen. Den Müll zu beseitigen, hat mehr gekostet als das ohnehin schon überteuerte Grundstück selbst. Der Bürgermeister hat das Gebiet dann noch zu einem naturschutznahen Gebiet erklären lassen. Es ist eigentlich ein Wunder, dass wir dennoch heute hier sitzen. Aber das ist so im Österreich der Neider. Wenn du starkes Fieber und eine Lungenentzündung hast, wollen sie das auch von dir haben. Beim »Hackl’n« ist aber keiner dabei. Mir macht das Arbeiten Spaß und ich kann gar nicht anders. Ich habe jetzt wieder ein paar Praktikanten dabei gehabt, fleißige Burschen, die den Druck nicht aushalten konnten. Es war ihnen zu viel.

Wer macht den Druck? Sie selbst?
Naja, ich mache immer nur das, was ich immer mache. Wenn ein Praktikant etwas lernen möchte, sag ich: Gerne. Aber die wenigstens schaffen es. Weil sie nicht schlafen, aber wahnsinnig viel leisten müssen. Und dann sitzen wir ja vielleicht noch am Abend zusammen auf ein paar Flaschen Wein.

Da gibt es ja gewisse Tricks, um mithalten zu können bei übermäßigem Weinkonsum, oder?
Ja, du solltest viel Wasser trinken. Und viel vertragen. Das kann jeder, weil es nur Übung ist. Aber nicht falsch verstehen, ich mache auch meine Pausen. Die Woche trinke ich zum Beispiel nichts.

Es gibt einige Anekdoten über Sie. So sollen Sie Freunde in Lokale geschickt haben, um nach Hillinger-Weinen zu fragen, um so interessanter zu werden. Und Sie sollen auch selbst in manch besseren Lokalen stundenlang gesessen haben und einige Flaschen Wein getrunken haben, bis der Wirt kam und Sie fragte, wer Sie sind. War Ihre Marketingstrategie wirklich so einfach?
Einfach würde ich es nicht nennen. Es ist superschwierig. Und man müsste es heute auch anders machen. Es ist so: Man will immer Stars finden. Dafür musst du Menschen in die richtige Richtung lenken. Aber es muss die Qualität des Produkts stimmen. Ich mache Weine, die verdammt gut sind. Und du musst ein cooler, glaubwürdiger Typ sein und die richtigen Journalisten müssen von dir hören. Dann funktioniert es.

Was scheinbar auch gut für Sie funktioniert, ist Ihre Teilnahme an der Show »Zwei Minuten, zwei Millionen« auf Puls 4, wo Sie als Business Angel auftreten. Wissen Sie dabei eigentlich genau, wie viel Geld Sie am jeweiligen Tag verpulvern können?
Nein, sonst wäre die Sendung nicht gut.

Aber Sie haben doch sicher ein Limit.
Nein.

Oder brauchen vielleicht eine Bank, die Ihnen …
… ich brauche keine Bank. Früher hatte ich eine braune Halskrause vom »Oaschkrall’n« und jetzt haben viele andere eine, weil sie mich wollen. Aber man muss gesund wachsen und investieren. Aber ja, natürlich wäre eine Bank bei einer Investition von zehn Millionen notwendig, das tu’ ich allerdings nicht. Ich habe so schwierige Zeiten mit den Banken gehabt, ich bin froh, dass sich die Zeiten geändert haben.

Die Kreditinstitute waren aber auch immer wieder da für Sie. Sie schildern das in einem Ihrer Vorträge ausführlicher. Ihren ersten Kredit als Unternehmer haben Sie trotz der hohen Schulden des Vaters für Golfstunden und eine Golfklubmitgliedschaft erhalten, die Finanzierung des ersten Weinguts hat mehrere Millionen Schilling verschlungen, eine einzige, bald folgende Party ebenso eine Millionen Schilling. Später haben Sie den heutigen Unternehmenssitz gebaut, der doppelt so teuer wurde wie gedacht. Sie haben den Banken doch viel zu verdanken, oder?
Ja, so kann man es auch sehen. Ich habe immer ein paar Wahnsinnige gefunden, die mir Geld gegeben haben.

War das eigentlich immer derselbe Bankbetreuer?
Es waren zwei. Der eine ist aber kein Banker mehr. Er arbeitet heute in einem Buffet im Hallenbad.

Wegen Ihnen?
Nein [lacht]. Eher deshalb, weil die anderen, die sich Geld geliehen haben, nicht so gut waren wie ich.

Wie einfach ist es eigentlich heute, eine Unternehmung zu starten in Österreich?
Sehr schwierig. Weil der Risk Manager normalerweise die Hosen voll hat. Man muss alles drei- und vierfach besichern und die Leute haben zu wenig Motivation. Außerdem glaubt jeder, er kann schnell Unternehmer werden. Ein Unternehmer ist aber nicht nur ein Kreativer. Er ist ein konsequenter Kreativer. Ich sage es immer wieder: Es gibt drei Dinge, die im Leben wichtig sind: Konsequenz, Konsequenz und Konsequenz.

Herr Hillinger, vielen Dank für das Gespräch!

*

Leo Hillinger wurde 1967 in Eisenstadt geboren. Nach Lehr- und Schuljahren in Deutschland sowie längeren Aufenthalten in den USA, Südafrika, Australien oder Neuseeland übernahm er 1990 den hoch verschuldeten Weinhandel seines Vaters und begann bald selbst, Wein anzubauen. Mit einer auf seine Person zugeschnittenen Marketingstrategie stieg er zum bekanntesten Winzer des Landes auf. Heute verkauft er jede zweite Flasche ins Ausland. Hillinger ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Des Winzers Imperium
Mit einer Anbaufläche von 80 Hektar in Österreich zählt das Weingut Hillinger zu den größten Weinproduzenten im Topqualitätssegment in Österreich. Das Unternehmen hat drei Hauptgeschäftsfelder: Die Leo Hillinger-Weine, die Small-Hill-Weine, die im hochwertigen Lebensmittelhandel vertrieben werden, sowie Flat Lake, eine exklusive Marke für den Discounter Hofer, wo das Unternehmen nicht selbst als Hersteller, sondern Leo Hillinger lediglich als Berater auftritt. Neben dem Onlineshop unterhält das Unternehmen acht Shops mit angeschlossener Gastronomie an Standorten in Wien, Linz, Salzburg, Kitzbühel und München, wo zusätzliche Produkte wie mit Wein versetztes Speisesalz vertrieben werden. Hillinger verkauft im Jahr etwa eine Million Flaschen Wein und sorgt für einen Umsatz von 18 Millionen Euro. Gegen Jahresende wird eine Biographie in Buchform erscheinen. Eine Weinwelt in Jois, in der den Besuchern die Herstellung von Wein näher gebracht werden soll, ist in Planung.

Fazitgespräch, Fazit 134 (Juli 2017), Fotos: Marija Kanizaj

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