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Hotspot Israel

| 20. Dezember 2018 | Keine Kommentare
Kategorie: Aktuell, Fazit 149

Fazit-Autor Thomas Goiser war in Tel Aviv und hat mit Günther Schabhüttl, dem dortigen österreichischen Wirtschaftsdelegierten, ein Gespräch geführt.

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Siebzig Jahre nach der Staatsgründung ist Israel ein Wachstumshotspot. Gegenüber dem Vorjahr ist die Bevölkerung wieder um rund 200.000 Personen angestiegen, einerseits wegen Zuzug, andererseits wegen der hohen Geburtenraten. Bald werden neun Millionen Menschen im Land leben. Das Wachstum führt trotz Bauboom zu einem Wohnungsmangel. Schabhüttl, der seit 2013 im Land tätig ist, erklärt: »Das ständige Anpassen an neue Gegebenheiten bringt Innovation und das Bevölkerungswachstum befeuert den Konsum. Die Wirtschaft wächst entsprechend – für 2018 wird ein Wirtschaftswachstum von real 3,7 Prozent prognostiziert. Israel zählt zu den wenigen Industrieländern, deren Schuldenstand im Verhältnis zum BIP heute niedriger ist als vor der globalen Finanzkrise.« Die Budgetsituation ist damit im globalen Vergleich überaus günstig. Unerwartet hohe Anstiege der Steuereinnahmen aufgrund von Angeboten für Strafmilderungen für reuige Steuersünder führten in den vergangenen Jahren zu Senkungen der Mehrwertsteuer von 18 Prozent auf 17 Prozent und der Körperschaftssteuer von 24 Prozent auf 23 Prozent.

Globalisierte Hightechnation
Im Mitte Oktober veröffentlichten Global Competitiveness Report des Weltwirtschaftsforums führt Israel weltweit das Ranking in den Bereichen »Wachstum innovativer Unternehmen« und »Einstellung zu unternehmerischem Risiko« an. »In Hightechsektoren liegt Israel an der Weltspitze, während im Bereich der Infrastruktur, in der traditionellen Industrie und in den Bereichen Umwelttechnik wie auch Energiewirtschaft noch Nachholbedarf besteht. Das Land ist wirtschaftlich, gesellschaftlich, kulturell und politisch sehr unterschiedlich. IT und Hightech haben sich hier trotz schwieriger Rahmenbedingungen etabliert. Das ist auch auf die hohe Motivation der wirtschaftlichen Führungsschicht zurückzuführen. Ein kleiner Heimmarkt und de facto fehlende Nachbarmärkte haben dazu geführt, dass Unternehmen vom ersten Tag an in globalen Dimensionen denken«, ist Schabhüttl überzeugt, »außerdem herrscht hier eine ausgeprägte Mentoringkultur und kurze Wege zu Entscheidungsträgern. Es wird schnell entschieden, dafür werden auch rasche Reaktionen vom Gegenüber erwartet.«

Derzeit sind weniger als ein Zehntel der Erwerbstätigen in Israel in der Hightechindustrie tätig, es herrscht derzeit bereits ein Mangel an etwa 10.000 qualifizierten Ingenieuren und Programmierern. Innerhalb eines Jahrzehnts soll sich die Zahl der Beschäftigten im Hochtechnologiebereich verdoppeln. In den meisten anderen Sektoren hinkt die Arbeitsproduktivität weit dem OECD-Schnitt hinterher und Teile der Bevölkerung fehlen im Arbeitsprozess.

Starke Exporte und Innovationsfokus
Österreichs wirtschaftliche Bilanz mit dem Land ist traditionell sehr positiv: Exporte von nahezu 400 Millionen Euro stehen Importen von 170 Millionen gegenüber. Damit ist Israel Österreichs zweitgrößter Exportmarkt im Nahen Osten. Gerade das Jahr 2017 war für die österreichischen Exporte mit einem Anstieg von 20,3 Prozent äußert erfolgreich, teils aufgrund einmaliger Projekte. Der Wirtschaftsdelegierte erklärt: »Neben einigen großen österreichischen Unternehmen sind auch zahlreiche KMU in Nischen erfolgreich – trotz großer Konkurrenz sind es über 1.000.«

Beliebtes Tourismusziel Österreich
Weiterhin erfreut sich Österreich eines Booms bei Nächtigungen israelischer Touristen. 2017 waren es erstmals mehr als 620.000. Damit liegt das Land in den Top 20 der Tourismusstatistik – Tirol, Salzburg und Wien sind die beliebtesten Destinationen. »Es ist wichtig, dass es zwischen Österreich und Israel möglichst viele persönliche Verbindungen auf unterschiedlichen Ebenen gibt«, betont Schabhüttl. Neue Flugverbindungen helfen beim Kennenlernen in beide Richtungen: »Austrian Airlines« stockt den Flugplan auf, »Wizz Air« bietet von Wien Direktflüge nach Tel Aviv und Eilat, ein Direktflug von Salzburg nach Tel Aviv soll folgen. Der Hochgeschwindigkeitszug zwischen Tel Aviv und Jerusalem soll 2019 seinen Betrieb aufnehmen. Und im November fand ein Tourismusworkshop mit österreichischen Tourismusregionen und heimischen Veranstaltern statt. »Wenn die Nische passt, kann man hier auch ohne Millioneninvestitionen einen Markt erfolgreich entwickeln.«

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Weitere Informationen
Das Außenwirtschaftscenter Tel Aviv (es ist auch für die palästinensischen Gebiete zuständig) setzt künftig weiter auf das Thema Innovation. Für März ist ein Workshop mit »Business Angels« geplant. Außerdem möchte man österreichische und hier ansässige international tätige Unternehmen in den Austausch über Open-Innovation-Prozesse bringen. Und schon am 5. Februar wird Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine Delegation nach Israel anführen. www.wko.at/aussenwirtschaft/il

Hotspot Israel, Fazit 149 (Jänner 2019)

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