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Zuversicht wird uns über die kommende schwere Zeit bringen

| 26. März 2020 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 161

Es ist Freitag, der 20. März 2020, 13 Uhr. Bis auf diesen Text sind alle Seiten der vorliegenden Fazit-Ausgabe druckbereit. Seit einer Woche sind unsere Mitarbeiter in quasi ständiger Heimarbeit, im Büro halten wir drei Herausgeber die Stellung. Mit allen freien Redakteuren erfolgt die Kommunikation nun ausschließlich via Mail.

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Mir wird jetzt ein bisschen bange, wenn ich daran denke, dass in Kürze diese mehr als stressigen Tage des Troubleshootings vorbei sein werden. Die Unsicherheit, wie es mit dem Fazit-Verlag, mit unserem Unternehmen insgesamt weitergehen wird, hat dieser Produktionsstress ja überschattet und beiseite geschoben.

Ich wollte mich – noch bis vor wenigen Stunden – dem Versuch einer Aufarbeitung, dem Versuch, die richtigen Fragen zu stellen, widmen. Angesichts abertausender Kommentare, Postings und Tweets in Zeitungen und sozialen Netzwerken habe ich das aber verworfen und möchte probieren, uns allen, vielleicht aber auch vor allem mir selbst und meiner Familie, ein bisschen Mut zuzusprechen, ein bisschen Zuversicht. Nicht ohne zuvor darauf hinzuweisen, dass Sie am besten zu Facebook und vor allem Twitter in den nächsten Tagen einen ordentlichen »Sicherheitsabstand« wahren sollten. Was dort, aus allen Lagern, an Abstrusitäten verfasst wird, verzerrt – wieder einmal – jedes reale Bild des Lebens. Der plötzliche Stillstand, der uns alle, die Menschen in ihren Familien zuhause, die Unternehmen, aber auch den gesamten öffentlichen Dienst erfasst hat, führt zu der – vielleicht sogar logischen – Situation, dass sich die Dummdreistigkeiten in ihrer Schlagzahl noch deutlich erhöht haben.

Das wahre Leben ist ein anderes. Das wahre Leben führte vielleicht dazu, dass einige Dinge des täglichen Bedarfs – ich hatte mir fest vorgenommen, das Wort »Klopapier« hier nicht vorkommen zu lassen – von dann doch mehreren in einer etwas größeren Menge gekauft wurden. Was dann nichts anderes hervorrief, als den funktionierenden Markt, in dem wir leben, zu bestätigen. Es kam zu kurzfristigsten Knappheiten, die aber schon lange wieder vorbei sind. Das wahre Leben braucht auch keine Verhaltensanweisung, wie sie etwa der bundesdeutsche Gesundheitsminister Jens Spahn als notwenig erachtete, indem er uns auf Twitter aufforderte, den – einen wahrlich tollen Job tuenden! – Mitarbeitern im Einzelhandel »auch mal ein Lächeln zu schenken«. Das funktioniert in aller Regel wunderbar. Das wahre Leben schaut so aus, dass die – in ihrer Gesamtheit jedenfalls zu begrüßenden – Maßnahmen (siehe das leidgeprüfte Italien!) einer sehr, sehr gut arbeitenden österreichischen Bundesregierung, für von vielen so oft geforderte Gleichheit gesorgt hat. Es geht uns nämlich allen gleich. Alle müssen wir zuhause bleiben, alle Unternehmen haben mit den im Grunde gleichen Problemen zu kämpfen. Und wissen Sie, was das bewirkt – zumindest in meiner bescheidenen Wahrnehmung? Alle verhalten sich geradezu wundersam konstruktiv und – eine viel zu oft strapazierte Eigenschaft, hier aber einmal tatsächlich – solidarisch. Alle unsere Mitarbeiter, alle Mitschreibenden, alle Geschäftspartner, alle Kunden – wir hatten für diese Ausgabe keine einzige stornierte Schaltung (Danke!) – gehen unglaublich verständnisvoll miteinander um. Und, so mein Eindruck, tun alles, was in ihrer Macht steht, dass wir das Werkl am Laufen halten. Es wird uns gelingen!

Und danach, wenn wieder langsam so etwas Ähnliches wie Normalität eingekehrt sein wird, danach werden wir uns hier wieder den richtigen Fragen stellen. Werden uns fragen, warum etwa die Europäische Union in einer unglaublichen Art von Totalversagen agiert hat. Warum die bundesdeutsche Regierung medizinische Lieferungen nach Österreich an der Grenze tagelang festgehalten oder warum ein linker Mob bei der Parteizentrale der Kanzlerpartei vorgestern Nacht zahlreiche Fensterscheiben eingeschlagen hat.

Bis es so weit ist, wird uns eine der menschlichsten Eigenschaften, die uns zu eigen ist, über die Zeit helfen: Zuversicht. Denken wir an die Menschen im Gesundheitswesen, die Hervorragendes leisten, denken wir an die Angestellten im Lebensmittelhandel, die dafür sorgen, dass uns nichts ausgeht. Denken wir an die kleine Johanna, die gestern Nachmittag das Licht der Welt erblickte – ich heiße Dich übrigens herzlich willkommen! – und an alle Kinder dieser Tage. Dann können wir ja nur zuversichtlich in die Zukunft schauen. Es wird uns gelingen.

Editorial, Fazit 161 (April 2020)

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