Anzeige
FazitOnline

Generation Corona

| 15. Juli 2022 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 184, Kunst und Kultur

Faksimile: Verlag HirnkostReich gegen Arm, einen laufenden »Aufstand der Reichen« diagnostiziert der altgediente Jugendkultur- und Marktforscher Bernhard Heinzelmaier in seinem Buch, das bereits im September erschien.

::: Von Thomas Goiser
::: Hier im Printlayout lesen.

Zugespitzt erscheint die Situation gegen Jahresende in Österreich angesichts neuer Lockdown-Erfahrungen. Der Verteilungskampf betreffe nicht nur die finanziellen Möglichkeiten, sondern auch Lebenschancen und nicht zuletzt Beteiligung. Heinzelmaier beginnt mit der Beschreibung der Macht digitaler Großkonzerne und ordnet sie dem »progressiven Neoliberalismus« zu. Nach diversen Jugendstudien erscheinen die in einem solchen Wirtschaftssystem heranwachsenden Menschen immer »pragmatischer«. Das ist für den Autor das Zeichen, dass die Prinzipien von Markt und Wettbewerb von jungen Menschen bereits internalisiert wurden, denn in der »performativen Ökonomie« dominiert Leistungsverkauf über echte Leistungserbringung.

Dementsprechend treten Jugendbewegungen nicht (mehr) selbstbewusst und kämpferisch auf, sondern von Anfang an gesprächsbereit und mit einem Selbstverständnis als Opfer. Während Akademiker und Intellektuelle dadurch den Diskurs führen, sind Menschen mit weniger Bildung vom Diskurs ausgeschlossen, frustriert, fühlen sich abgehängt und nehmen nicht mehr an demokratischen Prozessen teil. »Die Zurückgelassenen und Abgehängten haben sich aus der Welt der Politik zurückgezogen.« Allerdings gibt es – an anderer Stelle im Buch – eine umfassende Begründung, wonach durch geringere Zukunftschancen »der Patriotismus« mehr Zuspruch erhält – auch im Sinn einer klaren Abgrenzung zur Globalisierung. Der Autor konstatiert außerdem »Corona- und Klimapanik mit angeschlossener Chaospolitik«, die die Distanzierung der weniger Privilegierten noch massiver spürbar macht: »Die Corona-Pandemie hat nichts anderes bewirkt, als dass vorhandene Widersprüche verstärkt, vorhandene Ungleichheiten größer, alte Ängste drastischer, das alte Gefühl der Fremdbestimmtheit dramatischer geworden ist.« Ergänzt und begründet wird die sprachlich mächtige und manchmal etwas zornig wirkende Argumentation durch diverse Studienergebnisse aus der Jugendforschung. Es ist kein freundlicher oder fröhlich stimmender Befund, aber ein interessanter und manchmal etwas widersprüchlicher.  

Generation Corona: Über das Erwachsenwerden in einer gespaltenen Gesellschaft
Von Bernhard Heinzelmaier, Verlag Hirnkost Verlag, Berlin 2021
hirnkost.de

Alles Kultur, Fazit 184 (Juli 2022), Faksimile: Verlag Hirnkost

Kommentare

Antworten