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Offene Felder

| 10. Januar 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 199, Kunst und Kultur

Foto: Johanna Lamprecht

Elisabeth Fiedler und ihr Institut für Kunst im öffentlichen Raum (KIÖR) führen die Begriffe Partizipation und Vermittlung in den steirischen Regionen in neue – geradezu lichte – Höhen. Eines der nächstjährigen Projekte ist besonders hervorzuheben.

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Das Projekt, beziehungsweise die Initiative »Offene Felder«, initiiert von der Institutschefin selbst, führt Bauern mit Künstlern beiderlei Geschlechts und aller Sparten zusammen. Die Begründung ist recht einfach: Man will einen Dialog über Kunst und Landwirtschaft führen und neue Möglichkeiten des Zusammenspiels eröffnen. Der Ansatz ist naturgemäß nicht neu. Reflexionen über die sensible und vielfältige Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur gibt es seit der Urgeschichte in Form von Kunst sowie alltäglichen beziehungsweise rituellen Handlungen. Heute prägt diese Thematik natur- und geisteswissenschaftliche Diskurse, zumal man durch die Nutzung natürlicher Ressourcen mithilfe von gesteuertem Wirtschaftswachstum immer weiter an den Rand der Kapazitäten des Planeten gerät. So die ideologische Basis des Unterfangens. Das Vorhaben verfolgt also kritische Ansätze und Denkweisen, die nicht zeitgeistig verortet werden sollten. Vielmehr sind die Diskurse übergeordnet angesiedelt. Die rastlose Beschleunigung von Industrie und Wirtschaft seit der industriellen Revolution ignoriert, so Fiedler, das komplexe Verhältnis von Natur und Mensch und die Abhängigkeit von einem begrenzten Lebensraum. Erst die globale Katastrophe des Klimawandels lässt die Verletzlichkeit von Nehmen und Geben evident werden und stellt die Frage nach den Notwendigkeiten für menschliche Existenz.

Spannungsreiche Bezugsfelder
Der Landwirtschaft fällt eine besondere Rolle in diesen Betrachtungen zu. Sie reglementiert seit der Sesshaftwerdung in der Jungsteinzeit unsere Grundbedürfnisse. In der Zusammenschau mit der Kunst, bzw. dem künstlerischen Ausdruck, ergeben sich neue Überlegungen zu spannungsreichen Bezugsfeldern. »Offene Felder« hat einen hehren Anspruch: nämlich jenen, nicht nur reale, sondern auch inhaltlich und transdisziplinär neue Regionen des Denkens und Tuns zu erschließen. Dabei geht es Fiedler nicht darum, rein theoretisch und auf Abstand zu studieren, sondern vielmehr darum, einzutauchen, aktiv teilzunehmen, sich auszutauschen, um Prozesse und Dynamiken besser zu verstehen. Elisabeth Fiedler will mit der Bevölkerung vor Ort Geschichte und spezifisch lokale, politische, gesellschaftliche Geschichten und Realitäten erkunden, um neue Ansätze der Koexistenz zu befragen, Zukünftiges zu thematisieren und daraus Arbeiten zu entwickeln. So weit, so gut. In der Praxis stellt das Projekt diese menschlichen Grundbedürfnisse nach körperlicher und geistiger Nahrung in den Vordergrund. Gleichzeitig geht es natürlich um geschichtliche, politische und gesellschaftliche Zusammenhänge, neue Impulse und aktuelle Ansätze. Durch das Zusammentreffen zweier scheinbarer Gegensätze wird neuen Formen Platz gegeben.

National und International
Zwölf Projekte nationaler sowie internationaler Künstlerinnen und Künstler wurden im Rahmen eines Open Calls zur Realisierung an verschiedenen steirischen Orten ausgewählt. Nach zwei im Jahr 2022 realisierten Projekten wurden 2023 weitere acht umgesetzt. So seien hier etwa eine akustische Bodenuntersuchung am Hof von Evi Schartner in Altaussee mit Markus Hiesleitner oder das Projekt »Schwarze Milch« eine Zusammenarbeit der Bäuerin Christine Kobald aus St. Peter am Kammersberg mit dem Künstler Jonathan Omer Mizrahi als eines der Paradebeispiele erwähnt, die die Steiermark als Kunst- und Kulturort neu bespielen. Für 2024 sind weitere Projekte geplant. Das Gesamtprojekt wäre wohl ein Ansatz, den man im Hinblick auf zukünftige Landesausstellungen verfolgen könnte. Das Institut legt Wert auf Vermittlung und Miteinbezug der Bevölkerung vor Ort und nachhaltige Verbindungen und Allianzen, die durch die einzigartige Verbindung von Contemporary Art und Landwirtschaft geschaffen wird. Wir dürfen gespannt sein auf die Projekte im Jahr 2024.

Alles Kultur, Fazit 199 (Jänner 2024), Foto: Johanna Lamprecht

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