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Linke und rechte Demokraten müssen wieder konstruktiv streiten

| 15. Oktober 2025 | Keine Kommentare
Kategorie: Editorial, Fazit 216

Die Lüge ist seit jeher Teil allen politischen Wirkens. Nicht erst in Demokratien war und ist sie gern Verwendung findender Ausweg aus Argumentationsnotständen politischer Akteure. In unseren Demokratien waren das seit dem Weltkrieg in aller Regel Lügen, die missliebiges Verhalten (Betrug, Diebstahl, Korruption usw.) »kaschieren« sollten oder die – umgekehrt – solch missliebiges Verhalten dem politischen Mitbewerber angedichtet haben.

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In letzter Zeit hat sich im politischen »Dialog« (wenn man den zwischen links und rechts noch so nennen kann) eine Sonderform der Lüge, die »alternative Realität« eingenistet, in der ganze politische Gruppierungen kollektiv Behauptungen als Tatsache in den Raum stellen, die dann als unbelegte Basis dienen, seinen eigenen Zielen (eben als Kollektiv) nachzukommen. Dabei geht es gar nicht mehr darum, irgendjemanden »der Lüge« zu überführen. Das Anzweifeln solcher Behauptungen wird per se als Ausweis gesehen, »schlecht« zu sein, »böse« zu sein und damit also in aller Regel »rechts« zu sein.* Das Fatale an dieser Gemengenlage ist nun, dass es fürchterlich an Joseph Goebbels Diktum von der Lüge, die bloß oft genug wiederholt werden muss, damit sie am Ende alle glauben, erinnert. Und dass wir uns in unserer offenen, demokratischen, freien Gesellschaft mit einem solchen Phänomen konfrontiert sehen. Das im Grunde drauf und dran ist, jeden sinnvollen demokratischen Dialog zwischen den politischen Strömungen zu untergraben und letztlich zu verunmöglichen.

Mir ist heute ein Artikel der BBC untergekommen, in dem es um einen Vergewaltiger geht, der für seine Untat zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. In der Überschrift ist zu lesen, »Transfrau verurteilt«. Das Portrait dazu zeigt einen muskulösen (weißen) Mann mit Vollbart. Ich weiss gar nicht, wie es um die Rechtslage im Königreich dazu gerade steht, ich befürchte, ich will es im Detail gar nicht wissen, ich weiss nur, dass mir in der Bundesrepublik das »Selbstbestimmungsgesetz« verbieten würde, auszudrücken, was ich sehe: nämlich einen Mann mit Vollbart; bei Strafandrohung. Ich muss also – zumindest in Deutschland – diese aus meiner Sicht »alternative Realität« als »wahr« annehmen.

Ein für mich besonders krasses Beispiel dieser Realitätsverzerrung stellt der Umgang mit dem Mord an Charlie Kirk dar.  Dieser wird beinahe ausschließlich als »rechtsextrem« eingeordnet, natürlich meist unter Verwendung camouflierender Heißluftbegriffe wie »ultrarechts« oder »national-christlich«, die immer nur darauf abzielen, ihn zu dem Nazi und Rassisten zu machen, der er in der »alternativen Realität« sein muss. Charlie Kirk war ein junger Mann, 1993 geboren, der sehr erfolgreich eine konservative Studentenbewegung (Turning Point USA) gegründet hat (2012), und dessen innerer Antrieb der Dialog zwischen allen Bürgern einer Demokratie war. »Dort wo das Reden aufhört, dort beginnt die Gewalt«, war wichtigster Satz seiner Überzeugung. Ich kannte ihn seit gut zehn Jahren und hab mir immer wieder einmal eine seiner von gegenseitigem Respekt getragenen Diskussionen mit Menschen anderer Überzeugung angeschaut. Der USA-Experte des ZDF, Elmar Theveßen, hat kurz nach dem Attentat in der Talkshow »Lanz« behauptet, Charlie Kirk hätte verlangt, Homosexuelle müssen gesteinigt werden. (Und noch weitere Lügen über ihn.) Kirk war sehr konservativ. Und er war Christ. Er war kein Rassist, Nazi oder Hassprediger und er war weder schwulen- noch frauenfeindlich. Schauen Sie sich selbst in Ruhe einige Videos von ihm an, Sie werden es sehen.

In der Furche hat eine Woche nach Kirks Tod, Hildegund Keul seiner Witwe – nachdem sie in einem Nebensatz ihre Ausbildung in Frage gestellt hatte – vorgeworfen, sie würde sich zum »Opfer« stilisieren, sie würde sich »in den Dienst explosiver Vulneranz« stellen. Ich kann nicht nachempfinden, was im Kopf dieser Redakteurin einer irgendwann einmal katholisch gewesenenen Wochenzeitung vorgeht, wenn sie über eine Mutter, deren zwei Kleinkinder gerade zu Halbwaisen geworden sind, so schreibt. Erika Kirk hingegen hat bei der Trauerfeier für ihren Mann – vom Spiegel und anderen als »Messe christlichen Machtanspruchs« denunziert – dem Mörder ihres Mannes vergeben. Ein ungeheuer menschlicher und christlicher Akt. In der »alternativen Realität« deutschsprachiger Medien ist diese Botschaft (beinahe) untergegangen. Dabei wäre ein (das) Vermächtnis Kirks, »miteinander zu diskutieren«, so wichtig für unsere Gesellschaft. Um nicht in gewaltvollen Auseinandersetzungen unterzugehen.

* Ich denke, es gibt das auch von rechter Seite, da erscheint es mir aber – bisweilen zumindest, der politische Markt wird jedenfalls reagieren – noch nicht so stark ausgeprägt.

Editorial, Fazit 216 (Oktober 2025)

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