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Ein Versuch über die Freundschaft

| 10. Januar 2024 | Keine Kommentare
Kategorie: Fazit 199, Kunst und Kultur

Foto: Andreas Pankarter

In Michael Petrowitschs Jahresprojekt 2023 standen im Jahreslauf vorwiegend die Themenbereiche »europäisches Zusammenleben« und Kontextualisierung der Steiermark beziehungsweise der Landeshauptstadt mit historischen, sozioökonomischen und – grob gesprochen – atmosphärischen Zusammenhängen mit Südosteuropa und Oberitalien im Vordergrund

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In Michael Petrowitschs Jahresprojekt 2023 standen im Jahreslauf vorwiegend die Themenbereiche »europäisches Zusammenleben« und Kontextualisierung der Steiermark beziehungsweise der Landeshauptstadt mit historischen, sozioökonomischen und – grob gesprochen – atmosphärischen Zusammenhängen mit Südosteuropa und Oberitalien im Vordergrund.

Anhand von drei Positionen, die sich mit der Landeshauptstadt und deren geografischer Nachbarschaft (Triest, Marburg) auseinandersetzen, erkundet das Gesamtprojekt »Versuch über die Freundschaft« analytisch den Freundschaftsbegriff auf verschiedenen Ebenen. Die Fragestellungen sind differenziert. Was heißt Freundschaft im Sinne von Austausch, im Sinne von Vertiefung, aber auch Entfremdung? Dabei spannt er gedanklich den Bogen über den Zeitraum vor den Grenzschließungen, vor dem EU-Beitritt und dem mittlerweile wieder erfolgenden Auseinanderdriften europäischer Staaten in die Kleinteiligkeit vorheriger Jahrhunderte bis hin zum regulierten Zusammenleben im Urbanen. Große Aufmerksamkeit wird auf extremistische, tagespolitische wie – grob gesprochen – Neo-Nationalisierungstendenzen und sozialpolitische wie auch wirtschaftspolitische Entwicklungen liegen. Zudem ist es Petrowitsch gleichsam als Parallelprogramm ein Anliegen, kulturpolitische Entwicklungen im nationalen und internationalen Vergleich zu erörtern. Bei all diesen Prozessen steht der steirische Künstler, der Kulturschaffende, der Produzent im Vordergrund. Er ist es auch, der eingeladen wird, zu denken und zu entwickeln und nachhaltig zu formulieren.

Grundlage für unsere Betrachtungen bilden weiterhin die Topoi »Austauschprojekt«, »europäisches Zusammenleben«, »politische Entwicklungen«, »Transformationsprozesse« et. al. Die Basis und der Untersuchungshorizont erstrecken sich über gemeinsame Geschichte, Erfahrungen, Phänomene und aktuell spannende, zeitgeschichtliche Entwicklungen. Besonders von Interesse ist das Thema »Europäisches Zusammenleben«, wobei Petrowitsch stets die Zusatzfrage im gegenwärtigen weltpolitischen sich täglich ändernden Zustand wichtig ist. Die Analyse vorhandener Strukturen und Gegebenheiten sowie die Kommentare zum Zeitgeschehen wird den Kulturschaffenden überlassen. Somit gilt der übergeordnete Kulturbegriff noch immer als »primus inter pares« neben wissenschaftlichen, sozioökonomischen oder anderen Bezügen.

Verbesserung der Beziehungen
Das Projekt will proaktiv Vorschläge zur Verbesserung europäischer Beziehungen, im Sinne wertschätzenden, gedeihlichen Zusammenlebens, machen. Forciert wird allerdings das »Trennende vor dem Gemeinsamen«, da das als Untersuchungsobjekt interessanter scheint als der Einheitsbrei. In der Auswahl der Künstlerinnen setzt er vor allem auf steirische Mitprojektanten und will auch die Wertschöpfung der einzusetzenden Fördermittel zu einem vorwiegenden Teil in der Steiermark beheimatet wissen. Nicht ausschließlich, aber auch ist es ein Anliegen, die Entwicklung immer gut zu dokumentieren und das Endergebnis in Katalogform zu präsentieren. Auf Basis der Beziehung zu den Nachbarregionen wie etwa Slowenien und Oberitalien entwickelt er den Begriff der Freundschaft im Sinne eines Austausches von Erzählungen.

2023 etwa jährt sich zudem zum 50. Mal die Städtepartnerschaft Graz-Triest. Außerdem bietet der Koralmtunnel und damit die Verlängerung der Seidenstraße Richtung Graz eine vollkommen neue Sichtweise, sich mit der Region auseinanderzusetzen. Michael Petrowitsch hat das Kollektiv Transparadiso eingeladen, sich darüber Gedanken zu machen. ILA hat sich mit dem Phänomen Intervention im Grazer Stadtgebiet beschäftigt und Stefan Lozar nimmt sich Maribor als nächste und doch so weit entfernte Nachbarschaft vor. Zudem versammelt der im »EPeKA«-Verlag herausgegebene Katalog Statements von Martin Behr, Reinhard Braun, Elisabeth Passath, Markus Gönitzer und Sara T. Huber.

Ein Versuch über die Freundschaft
Katalog erschienen im Verlag EPeKA
epeka.at

Alles Kultur, Fazit 199 (Jänner 2024), Foto: Andreas Pankarter

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